Kartell-, Vergabe- und Beihilfenrecht

Förderung von Wasserstofftechnologien nach dem TCTF

Verfasst von

Kerstin Rohde

Mit ihrem „Befristeten Krisen- und Übergangsrahmen (Temporary Crisis and Transition Framework – „TCTF“) verfolgt die Kommission das Ziel den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu erleichtern (wir berichteten). Grüne Technologien sollen daher einfacher und schneller gefördert werden können. Hierzu zählen auch die Technologien zur Erzeugung und Speicherung von „erneuerbarem Wasserstoff“ (grünem Wasserstoff), der ohne CO2-Austoß aus rein erneuerbaren Energiequellen produziert wird.

Anwendungsbereich des TCTF

Abschnitt 2.5 des TCTF erfasst die Erzeugung und Speicherung von erneuerbarem Wasserstoff einschließlich der Gewinnung von Kraftstoffen hieraus und deren Speicherung. Die Erzeugung von Strom aus erneuerbarem Wasserstoff ist aus dem Anwendungsbereich ausdrücklich ausgeschlossen.

Abschnitt 2.6 erfasst Beihilfen für die Einführung von Technologien zur Nutzung von erneuerbarem oder strombasiertem Wasserstoff, einschließlich der hieraus gewonnenen Kraftstoffe als Maßnahme zur Dekarbonisierung industrieller Prozesse.

Darüber hinaus wird in Abschnitt 2.8 die Herstellung von Elektrolyseuren bzw. für ihre Herstellung erforderliche Schlüsselkomponente erfasst.

Vereinbarkeitsvoraussetzungen

Abschnitt 2.5 – Investitions- und Betriebsbeihilfen für die Erzeugung und Speicherung von erneuerbarem Wasserstoff

Hiernach sind Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn sie u. a.:

  • im Falle von Investitionen nicht höher sind als 100 % der Gesamtinvestitionskosten und diese im Rahmen einer offenen, klaren, transparenten und diskriminierungsfreien wettbewerblichen Ausschreibung auf Grundlage vorab festgelegter, objektive Kriterien ermittelt wurden. Ohne Ausschreibung ist die Beihilfe auf max. 45 % der Gesamtinvestitionskosten (65 % bei kleinen und 55 % bei mittleren Unternehmen) begrenzt;
  • im Falle von Betriebsbeihilfen auf Grundlage von sog. zweiseitigen Differenzverträgen gewährt werden, die eine Mindestvergütung und eine Obergrenze für überschüssige Erträge vorsehen. Die max. Beihilfehöhe kann durch eine Ausschreibung (s. o.) oder als Differenz der Nettokosten einschließlich WACC und den Einnahmen, einschließlich anderer bereits erhaltender Beihilfen, ermittelt werden;
  • einen Anreizeffekt haben. Das Vorliegen wird grds. vermutet. Gem. Rn. 77 lit. p) bzw. 78 lit. o) ist anzunehmen, dass der Beihilfeempfänger aufgrund der krisenbedingten, außergewöhnlichen wirtschaftlichen Herausforderungen, ohne die Beihilfe seine Tätigkeit unverändert fortführen würde, sofern dies nicht zu einem Verstoß gegen Unionsrecht führt.

Abschnitt 2.6 – Beihilfen für die Einführung von Technologien zur Nutzung strombasierten oder erneuerbaren Wasserstoff

Hiernach sind Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn sie u. a.:

  • Investitionen betreffen, die durch eine Umstellung auf die Nutzung von erneuerbarem oder strombasiertem Wasserstoff oder den hieraus gewonnenen Kraftstoffen eine Verringerung der direkten Treibhausgasemissionen einer Industrieanlage um mind. 40 % und/oder den Energieverbrauch um mind. 20 % im Vergleich zur Situation vor der Beihilfe senken. Die Steigerung der Gesamtproduktionskapazität, die bei einem Zuwachs von bis zu 2 % angenommen wird, darf nicht finanziert werden;
  • 200 Mio. EUR pro Unternehmen und 40 % der beihilfefähigen Kosten (50 % bei mittleren und 60 % bei kleinen Unternehmen) als Differenz aus den Kosten des Vorhabens und den damit erzeugten Einsparungen bzw. zusätzlichen Einnahmen, nicht überschreiten. Die beihilfefähigen Kosten werden durch Vergleich mit der Situation ohne Beihilfe über die gesamte Lebensdauer der Investition ermittelt (kontrafaktisches Szenario). Alternative kann unter Geltung der max. Beihilfehöhe von 200 Mio. EUR die Beihilfe 60 % der Kosten für Ausrüstung, Anlagen oder Maschinen, die für die Umstellung auf Wasserstoff bzw. hieraus hergestellten Kraftstoffen erforderlich sind, betragen. Die Möglichkeit der Ermittlung über die Ausschreibung (s. o.) ist auch gegeben;
  • einen Anreizeffekt haben. Dieser ist auch dann noch gegeben, wenn die geförderte Maßnahme bereits ab dem 9. März 2023 begonnen wurde. Wurden die Arbeiten vorher begonnen, darf die Beihilfe gewährt werden, wenn sie erforderlich ist, um die Investition erheblich zu beschleunigen oder auszuweiten. Im Übrigen gilt hinsichtlich des Anreizeffektes das unter Kapitel 2.5 Ausgeführte.

Abschnitt 2.8 – Beihilfen zur Beschleunigung von Investitionen in strategisch wichtigen Sektoren

Darüber hinaus fällt die Produktion von Elektrolyseuren und zu deren Herstellung erforderlichen Schlüsselkomponenten zu den Schlüsselsektoren, die unter Abschnitt 2.8 von besonders hohen Beihilfen profitieren können (wir berichteten), soweit die Voraussetzungen der Rn. 85 oder 86 (wir berichteten) erfüllt werden.

Ausblick

Die Förderung der Wasserstofftechnologien und wasserstoffbasierten Industrielösungen nimmt unter dem Eindruck der rasant steigenden Energiepreise weiter an Fahrt auf. Der TCTF schafft einen zusätzlichen Rahmen für die Vereinfachung der Beihilfengewährung für die saubere Technologie. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung geeignete Beihilferegelungen bei der EU-Kommission anmelden und auf der nationalen Ebene umsetzen wird.