Kartell-, Vergabe- und Beihilfenrecht

Blogbeitrag zum Urteil des EuGH vom 3. Juli 2025

Verfasst von

Friederike Sophie Eley

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 3. Juli 2025 in der Rechtssache „TOODE“ (C-653/23) eine zentrale Frage zur Gewährung von Corona-Beihilfen beantwortet: Was passiert, wenn ein Unternehmen Corona-Hilfen fristgerecht beantragt, diese aber zunächst abgelehnt werden und erst nach Ablauf der Förderfrist durch ein Gericht zugesprochen werden?

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV wurde der EuGH durch ein lettisches Gericht angerufen. Er sollte klären, ob anders als im nationalen Recht geregelt, die Gewährung einer zu Unrecht verweigerten Beihilfe nicht doch zu dem Zeitpunkt angenommen werden müsste, in dem die zuständige Behörde den Anspruch auf die Corona-Hilfen fälschlicherweise abgelehnt hat und nicht erst mit begünstigendem Urteil für den Kläger. Im Zeitpunkt des Urteils hätten nach Ablauf der genehmigten Beihilferegelung (Gewährung bis spätestens zum 30. Juni 2022) gar keine Corona-Hilfen mehr gewährt werden dürfen. Im Ergebnis könnte der Kläger dann trotz eines anerkennenden Urteils wohl auch nachträglich keine Hilfen mehr erhalten.

Um diese Diskrepanz aufzulösen, hat der EuGH nun folgende Argumentationslinie bedient:

Der EuGH stellt in Anlehnung an seine bisherige Entscheidungspraxis zunächst klar, dass eine staatliche Beihilfe als „gewährt“ gilt, sobald der Begünstigte nach nationalem Recht einen sicheren und unbedingten Rechtsanspruch auf die Beihilfe erlangt hat. Das wäre hier allerdings erst mit dem Vollzug des anerkennenden Urteils der Fall.

In Abweichung dazu betont der EuGH daher im nächsten Schritt, dass das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsbehelf (Art. 47 der EU-Grundrechtecharta) verlangt, dass eine gerichtliche Entscheidung, die die rechtswidrige Ablehnung der Beihilfe feststellt, auch tatsächlich vollstreckt werden kann. Es sei mit dem Unionsrecht unvereinbar, wenn nationale Vorschriften dazu führen würden, dass die gerichtliche Entscheidung ins Leere läuft, nur weil die Gewährungsfrist der Beihilferegelung inzwischen abgelaufen ist.

Wird die Rechtswidrigkeit der Ablehnung dann später durch ein Gericht festgestellt, ist für die Beurteilung des Gewährungszeitpunkts also auf den Zeitpunkt der ursprünglichen, rechtswidrigen Ablehnung abzustellen – nicht auf den Zeitpunkt der späteren gerichtlichen Entscheidung oder Auszahlung

Durch die nachträgliche Auszahlung der Beihilfe soll aber sichergestellt werden, dass der Begünstigte in die Lage versetzt wird, in der er sich bei rechtmäßigem Verhalten der Behörde befunden hätte.

Eine Einzelbeihilfe, die innerhalb der Frist beantragt und zu Unrecht abgelehnt wurde, aber später aufgrund eines begünstigenden Verwaltungsakts (z. B. nach einem Gerichtsurteil) ausgezahlt wird, gilt daher auch als „bestehende Beihilfe“, sofern zum Zeitpunkt des ursprünglichen Anspruchs die Genehmigung der Kommission vorlag. Es kommt somit nicht auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung, sondern auf den Zeitpunkt des gesicherten Rechtsanspruchs an. Solche Beihilfen sind daher keine „neuen Beihilfen“, sondern als „bestehende Beihilfen“ im Sinne der EU-Beihilferegeln einzustufen.

Im Ergebnis stärkt das EuGH-Urteil die Rechte von Antragstellern der Kriseninstrumente und stellt sicher, dass gerichtlicher Rechtsschutz nicht durch Fristablauf der genehmigten Beihilferegelung ins Leere läuft. Für Unternehmen, die sich gegen eine rechtswidrige Ablehnung von Corona-Hilfen gewehrt haben, ist der Weg zur nachträglichen Auszahlung der Hilfen nun klar eröffnet.