Neue Wege bei der GmbH Gründung
Die COVID-19 Pandemie hat die Notwendigkeit virtueller Kommunikation mehr denn je offengelegt. Als vornehmliches Kommunikationsmittel sind Videokonferenzen nicht mehr aus der Geschäftswelt weg zu denken. Es ist daher nur konsequent, dass sich auch die notarielle Praxis dem zunehmend digitalisierten Rechtsverkehr öffnet. Einen Schritt in diese Richtung unternimmt der unlängst vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (EU) 2019/1151 („DiRUG“), nach dem es zukünftig möglich sein soll, die Gründung einer GmbH per Videokonferenz mit dem Notar durchzuführen. Die Richtlinie zielt darauf ab, die Gründung von Gesellschaften und die Errichtung von Zweigniederlassungen europaweit und grenzüberschreitend zu vereinfachen. Dazu sollen digitale Instrumente und Prozesse die Verfahren effizienter und kostengünstiger machen.
Der am 10. Februar 2021 vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf entspricht weitgehend dem am 18. Dezember 2020 vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz vorgelegten Referentenentwurf. Für die Umsetzung der Richtlinie hat Deutschland von der einjährigen Verlängerungsfrist Gebrauch gemacht, sodass das DiRUG erst zum 1. August 2022 in Kraft treten soll. Für Gesellschaften, die dem Anwendungsbereich des GmbHG unterfallen, soll das Gesetz sogar erst ab dem 1. August 2023 anzuwenden sein.
Der Regierungsentwurf für das DiRUG sieht Online-Gründungen allerdings nur für GmbHs bei reinen Bargründungen vor. Ob das notarielle Online-Verfahren über die verpflichtenden Richtlinienvorgaben hinaus für weitere Rechtsformen und geeignete Sachverhalte des Gesellschafts- und Registerrechts geöffnet werden sollte, soll nach dem Regierungsentwurf zeitnah geprüft werden, sobald belastbare Erfahrungen mit dem neuen System vorliegen.
Bei der Online-Gründung soll die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages sowie die im Rahmen der Gründung der Gesellschaft gefassten Beschlüsse durch eine videobasierte Beurkundung ohne physische Zusammenkunft erfolgen. Als Plattform für die Online-Gründung muss ein Videokommunikationssystem verwendet werden, welches von der Bundesnotarkammer betrieben wird. Um das Unterschriftserfordernis bei der Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages zu wahren, genügt im Online-Verfahren eine qualifizierte elektronische Signatur aller unterzeichnenden Gesellschafter. In Deutschland ist dies mithilfe des E-Personalausweises mit entsprechenden Signaturzertifikat möglich.
Ferner soll auch die öffentliche Beglaubigung hinsichtlich der Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister via notarieller Videokommunikation ausreichen. Hierbei soll das Online-Verfahren für die Anmeldung zu dem Handelsregister auch für Einzelkaufleute, AG, KGaA, Genossenschaften sowie für Zweigniederlassungen von den genannten Gesellschaftsformen oder von Kapitalgesellschaften, die dem Recht eines anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaat unterliegen, möglich sein.
Zudem wird das aktuelle Verfahren zur Bekanntmachung und Offenlegung umgestellt.
Rechnungslegungsunterlagen und rechnungsbezogene Unternehmensberichte müssen zukünftig nicht mehr beim Bundesanzeiger eingereicht und bekannt gemacht werden, sondern sollen direkt bei der das Unternehmensregister führenden Stelle eingereicht und in das Unternehmensregister eingestellt werden. Ein Abruf der Unterlagen erfolgt dann nur noch aus dem Unternehmensregister. Wesentliche Änderungen ergeben sich dabei allerdings nicht, weil der Bundesanzeiger Verlag sowohl den Bundesanzeiger betreibt als auch das Unternehmensregister führt.
Für den Abruf von Daten aus dem Handelsregister oder von Dokumenten, die zum Register eingereicht wurden, soll zukünftig keine Abrufgebühr anfallen. Diese soll im Wege der Vereinheitlichung auch für das Vereins-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister gelten. Zur Kostenkompensation soll eine Bereitstellungsgebühr erhoben werden, die mit der Eintragung in das Register oder zur Einreichung von Dokumenten an das Register entsteht.
Die Möglichkeit der Online-Gründungen von GmbHs ist sicherlich ein wichtiger Schritt, um die Digitalisierung im Geschäftsverkehr weiter voranzubringen, auch wenn die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland hinter den von ihr eröffneten Möglichkeiten zurückbleibt. Der Gesetzgeber tut allerdings gut daran, die Online-Gründung erst einmal mit der Bargründung von GmbHs zu erproben, bevor sie möglicherweise auch für weitere Kapitalgesellschaftsformen und geeignete Sachverhalte des Gesellschafts- und Registerrechts umgesetzt wird. Insofern bleibt abzuwarten, welche Erfahrungen mit der Einführung des neuen Systems gemacht werden und ob sich die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für das notarielle Online-Verfahren bewähren.