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GwGMeldV-Immobilien – Meldepflichten für rechtsberatende Berufe bei Immobilientransaktionen

Verfasst von

Katharina Beitler

Am 1. Oktober 2020 ist die Verordnung zu den meldepflichtigen Sachverhalten im Immobilienbereich (Geldwäschegesetzmeldepflichtverordnung-Immobilien, GwGMeldV-Immobilien) in Kraft getreten. Laut Verordnungsgeber ergibt sich die Notwendigkeit der Rechtsverordnung aus der Einordnung des Immobiliensektors als wesentlicher Bereich mit einem erhöhten Geldwäscherisiko. Ziel der Rechtsverordnung ist, rechtsberatende Berufe vor der Inanspruchnahme zu Zwecken der Geldwäsche zu schützen und Angehörige der rechtsberatenden Berufe für Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung stärker zu sensibilisieren.

Ausgangslage 

Die Rechtsverordnung definiert (nur) Ausnahmen im Immobilienbereich, in denen die Verdachtsmeldung nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Geldwäschegesetz (nachfolgend „GwG“) auch von den Angehörigen der Vertrauensberufe unter Durchbrechung deren Verschwiegenheitspflicht abzugeben ist. Die allgemeine Verpflichtung der rechtsberatenden Berufe nach § 43 GwG zu Verdachtsmeldungen bei Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bleibt von der Rechtsverordnung unberührt. Damit dürfen Angehörige von Vertrauensberufen, mit Blick auf ihre berufsrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung (§ 43 Abs. 2 S. 1 GwG) grundsätzlich keine Meldungen nach dem GWG machen. Eine Meldung muss aber dann erstattet werden, wenn er/sie positive Kenntnis hat, dass die Rechtsberatung für den Zweck der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder eine andere Straftat genutzt wurde oder wird (Gewissheitsmeldung, § 43 Abs. 2 S. 2 GwG).

Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Rechtsverordnung (GwGMeldV-Immobilien) findet sich in § 43 Abs. 6 GwG. Demnach kann das BMF im Einvernehmen mit dem BMJV durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Sachverhalte bei Erwerbsvorgängen nach § 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (nachfolgend „GrEStG“) bestimmen, die von Angehörigen von Vertrauensberufen stets zu melden sind.

Verpflichtete 

Verpflichtet sind Rechtsanwälte, Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare sowie Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und die in § 4 Nr. 11 des Steuerberatungsgesetzes genannten Vereine, wenn sie am Erwerbsvorgang nach § 1 GrEStG mitwirken. 

Meldepflichtige Sachverhalte  

Die Rechtsverordnung knüpft die Meldepflicht an (Immobilien-)Sachverhaltskonstellationen, die aus Sicht des Gesetzgebers, bei der Begehung von Geldwäsche auftreten oder bei denen ein Zusammenhang zu Geldwäsche naheliegt. Eine Pflicht zur Ermittlung von Tatsachen, die eine Meldepflicht begründen kann, also zur Sachverhaltsermittlung, entsteht damit jedoch nicht.

  1. Eines Bezugs zu Risikostaaten oder Sanktionslisten (§ 3 GwGMeldV-Immobilien): Die Meldepflicht entsteht, wenn ein an dem Immobilienerwerbsvorgang Beteiligter oder ein wirtschaftlich Berechtigter in einem Risikostaat ansässig ist oder einen gleichermaßen engen Bezug dazu aufweist (Abs. 1) oder ein Geschäftsgegenstand/Bankkonto, das im Rahmen des Erwerbsvorgangs eingesetzt wird, einen engen Bezug zu einem Risikostaat aufweist (Abs. 2). Meldepflichtig sind auch Erwerbsvorgänge mit Beteiligten oder wirtschaftlich Berechtigten, die nach EU-Recht sanktionsgelistet sind (Abs. 3).
  1. Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den beteiligten Personen oder dem wirtschaftlich Berechtigten (§ 4 GwGMeldV-Immobilien), wenn
  • die am Immobilienerwerbsvorgang Beteiligten ihren geldwäscherechtlichen Mitwirkungs-, Auskunfts- und Nachweispflichten nicht nachkommen (Abs. 1), oder
  • wissentlich nicht richtige oder nicht vollständige Angaben zur Identität eines am Erwerbsvorgang Beteiligten oder wirtschaftlich Berechtigten gemacht worden sind (Abs. 2),
  • Anhaltspunkte für ein Treuhandverhältnis bestehen, die keinen offensichtlichen wirtschaftlichen oder sonstigen rechtmäßigen Zweck haben (Abs. 3);
  • innerhalb der letzten fünf Jahre ein Ermittlungs- oder Strafverfahren oder ein Urteil gegen die am Erwerbsvorgang Beteiligten wegen Geldwäsche bzw. Vortaten der Geldwäsche (§§ 261, 261 Abs.1 S.2 Strafgesetzbuch) vorliegt und ein Zusammenhang zwischen der Tat und dem Erwerbsvorgang nicht ausgeschlossen werden kann (Abs. 4);
  • der Erwerbsvorgang in einem groben Missverhältnis zu dem legalen Einkommen und Vermögen der Beteiligten steht (Abs. 5);
  • die Stellung als wirtschaftlich Berechtigter über eine Gesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat ohne offensichtlichen wirtschaftlichen oder sonst rechtmäßigen Zweck vermittelt wird (Abs. 6);
  • Auffälligkeiten des Erwerbsvorgangs im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Steuergestaltungen bestehen (§§ 138d Abs. 1, 2, 138e Abs. 2 Nr. 2 f, Nr. 3 der Abgabenordnung) (Abs. 7).
  1. Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Stellvertretung (§ 5 GwGMeldV-Immobilien), wenn dem Immobilienerwerbsvorgang nur eine unzureichende Vollmacht zugrunde liegt (u.a. unechte/verfälschte Vollmachtsurkunde; Nichterkennbarkeit des der Vollmacht zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses).
  1. Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem Preis oder einer Kauf- oder Zahlungsmodalität (§ 6 GwGMeldV-Immobilien), bei
  • vollständiger oder teilweiser Erbringung des Kaufpreises der Immobilie mittels Barmitteln, Kryptowährung oder über ein Bankkonto in einem Drittstaat (ohne Sitz/Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt der Vertragspartei in dem Drittstaat) (Abs. 1 Nr. 1);
  • einer erheblichen Abweichung des Kaufpreises vom tatsächlichen Verkehrswert des Geschäftsgegenstandes (Abs. 1 Nr. 2);
  • vollständiger oder teilweiser Bezahlung des Kaufpreises (mind. Euro 10.000) vor Abschluss des Rechtsgeschäfts (Abs. Nr. 3);
  • vollständiger oder teilweiser Bezahlung des Kaufpreises durch einen Dritten (Ausnahmen in Abs. 1 Nr. 4 a) bis h));
  • einer Weiterveräußerung innerhalb von drei Jahren zu einem ohne nachvollziehbaren Grund erheblich vom vorherigen Preis abweichenden Kaufpreis (Abs. 2 Nr. 1);
  • einer Rückveräußerung an den vorherigen Eigentümer/Anteilseigner innerhalb von drei Jahren (Abs. 2 Nr. 2);
  • Zahlung über ein Anderkonto ohne berechtigtes Sicherungsinteresse (Abs. 3).

Eine Ausnahme von der Meldepflicht sieht die Rechtsverordnung nur vor, wenn Tatsachen vorliegen, die die Anzeichen auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung entkräften (vgl. § 7 GwGMeldV-Immobilien; Regel-Ausnahme-Prinzip). 

Verhältnis zur berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht

Die Verschwiegenheitspflicht ist Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der am Erwerbsvorgang Beteiligten, die für den Erwerbsvorgang rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Die Durchbrechung dieses verfassungsrechtlichen garantierten Rechts muss aus rechtsstaatlichen Gründen die Ausnahme bleiben und darf nicht zur Regel werden.

Die Rechtsverordnung zwingt nun aber die Verpflichteten in bestimmten Sachverhaltenskonstellationen diese Verschwiegenheitspflicht zu durchbrechen. Kritisch ist diese Durchbrechung mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz zu sehen, insbesondere aufgrund der in der Rechtsverordnung enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe. Diese werden zwar in der Verordnungsbegründung näher erläutert, jedoch verbleibt gleichwohl ein großer Wertungsspielraum. Dies betrifft insbesondere die Begrifflichkeiten: „ein gleichermaßen enger Bezug“ in § 3 Abs. 1 und 2 GwGMeldV-Immobilien, „grobes Missverhältnis zu dem legalen Einkommen und Vermögen“ in § 4 Abs. 5 GwGMeldV-Immobilien, „keinen offensichtlichen wirtschaftlichen oder sonstigen rechtmäßigen Zweck“ in § 4 Abs. 3 GwGMeldV-Immobilien und „erheblich von dem tatsächlichen Verkehrswert abweicht“ § 6 Abs. 1 Nr. 2 GwGMeldV-Immobilien.

Praxishinweis

In der Praxis stellen sich neben rechtlichen Fragestellungen auch Praktikabilitätsprobleme bei der Anwendung der Rechtsverordnung. Den Verpflichteten werden die den meldepflichtigen Sachverhalten zugrundeliegenden Tatsachen und Informationen oftmals nicht bekannt sein bzw. werden sie keinen Zugang zu den Informationen haben. Mit Ausnahme von Auskünften der Beteiligten selbst stehen den Verpflichteten in der Regel keine anderen Erkenntnisquellen zur Verfügung und eine Pflicht zur eigenen Sachverhaltsermittlung wird mit der Rechtsverordnung nicht begründet. Es bleibt damit abzuwarten, ob die Rechtsverordnung tatsächlich zu einer Mehrung von Verdachtsmeldungen wegen Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung führt.

Von den verpflichteten Angehörigen der Vertrauensberufe sind die Voraussetzungen für das Bestehen einer Verdachtsmeldung sorgfältig zu prüfen, um sich nicht durch eine „unbegründete“ Verdachtsmeldung nach § 203 Strafgesetzbuch wegen Bruchs der Verschwiegenheitspflicht strafbar zu machen. Dies gilt trotz der (wohl umfassenden) Freistellung von der Verantwortlichkeit nach § 48 GwG.