EuGH: Konzernklausel des § 6a GrEStG mit EU-Beihilfenrecht vereinbar
In einer neueren Entscheidung (Urteil vom 19.12.2018, C-374/17, „A-Brauerei“) setzt sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf Vorlage des Bundesfinanzhofes erneut mit der EU-beihilfenrechtlichen Konformität steuerlicher Regelungen auseinander. Diesmal steht die Konzernklausel des § 6a GrEStG auf dem Prüfstand. Diese regelt, dass der Eigentumsübergang eines Grundstücks dann von der Grunderwerbsteuer befreit ist, wenn er aufgrund eines Umwandlungsvorgangs erfolgt, bei dem
- ausschließlich Gesellschaften desselben Konzerns beteiligt sind,
- diese Gesellschaften ferner durch eine Beteiligung von mindestens 95 Prozent miteinander verbunden sind und zudem
- die genannte Mindestbeteiligung mindestens fünf Jahre vor und fünf Jahre nach dem Vorgang bestanden hat.
Wie auch in der Entscheidung zur Sanierungsklausel (Urteil des EuGH vom 28.06.2018, besprochen im unserem Blog am 28.11.2018), prüft der EuGH in drei Schritten, ob die betreffende steuerliche Regelung zu einer selektiven Begünstigung führt: Im ersten Schritt wird die allgemeine steuerliche Regelung als Referenzsystem bestimmt. Im zweiten Schritt wird geprüft, ob die fragliche steuerliche Regelung eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel darstellt, ob also zwischen Wirtschaftsteilnehmern differenziert wird, die sich im Hinblick auf das Ziel des Steuersystems in einer vergleichbaren Lage befinden. Im dritten Schritt wird geprüft, ob die Ausnahme durch die Natur oder den inneren Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt ist.
Als Referenzsystem legt der EuGH die deutschen Rechtsvorschriften über die Grunderwerbsteuer fest, die in ihrer Gesamtheit den Steuergegenstand und den Steuertatbestand bestimmen und denen zufolge jeder Rechtsträgerwechsel an einem Grundstück besteuert werden soll. § 6a GrEStG bilde eine Ausnahme von dieser Grundregel, da er bestimmte Vorgänge von der Grunderwerbsteuer freistellt und somit zwischen Wirtschaftsteilnehmern unterscheidet, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden. Nach Ansicht des EuGH ist diese Ausnahme jedoch gerechtfertigt, da mit der Regelung eine doppelte und damit übermäßige Besteuerung vermieden werden soll. Bereits der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 95 Prozent an einem Unternehmen, das Grundstücke in Deutschland besitzt, unterliegt der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz. Findet anschließend eine Umwandlung statt, würde ohne die Regelung des § 6a GrEStG die Grunderwerbsteuer erneut anfallen. Auch die in § 6a GrEStG vorgesehene Mindesthaltedauer einer solchen Beteiligung ist dem EuGH zufolge gerechtfertigt, da sie ungewollten Mitnahmeeffekten und damit Missbrauch entgegenwirkt.
Die Entscheidung des EuGH zeigt einmal mehr, dass das Thema Steuern und EU-Beihilfenrecht stark in den Fokus der nationalen und europäischen Gerichte gerückt ist. Wie schon im Beitrag zur Sanierungsklausel angesprochen, weist der 3-Stufen-Test zur Überprüfung der EU-Beihilfenrechtskonformität steuerlicher Regelungen in der praktischen Anwendung erhebliche Schwierigkeiten auf und trägt nicht ohne Weiteres zur Rechtssicherheit für den Anwender bei. Es bleibt daher ratsam, kritische steuerliche Regelungen auf ihre EU-Beihilfenrechtskonformität überprüfen zu lassen, um existenzgefährdende Steuernachzahlungen zu vermeiden.