Temporary Framework: Der befristete Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19
Der befristete Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19
Um Rechtssicherheit für dringend notwendige Unterstützungsleistungen des Staates zu schaffen, hat die EU-Kommission nach nur zweitägiger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten am 19. März 2020 den befristeten Beihilferahmen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 beschlossen. Der Beihilferahmen gilt ab sofort.
Zum Hintergrund
Beihilfen des Staates an Unternehmen unterliegen grundsätzlich den Beihilferegelungen der Europäischen Union. Ausgenommen von der vorherigen Notifizierungspflicht bei der EU-Kommission sind nur Maßnahmen, die unter die De-minimis-Regelung, die allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung, den DAWI-Freistellungsbeschluss oder unter eine bereits genehmigte nationale Beihilfemaßnahme fallen.
Daneben hat die EU-Kommission angekündigt, angemeldete Beihilfen an bestimmte Unternehmen oder Sektoren, die unmittelbare Schäden durch die Corona-Krise als außergewöhnliches Ereignis, nach Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV zu genehmigen, wie zum Beispiel die Luftfahrt, die Flughäfen oder die Tourismusbranche (siehe unseren Blogbeitrag vom 19. März 2020). Erstes Beispiel hierfür ist der Fall eines dänischen Veranstalters, der wegen des Ausbruchs der Pandemie Großveranstaltungen absagen musste, die Genehmigung wurde innerhalb von 48 Stunden erteilt.
Ergänzend zu diesen Möglichkeiten legt die EU-Kommission im neuen Beihilferahmen vom 19. März 2020 zusätzliche befristete Beihilfemaßnahmen vor, die sie nach Anmeldung gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV sehr rasch wird genehmigen können.
Bereits in der Finanzmarktkrise, die im September 2008 den Bankensektor der EU erreichte und sodann auch die gewerbliche Wirtschaft erfasste, ist diese Ausnahmebestimmung des Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV aus ihrem Schattendasein herausgetreten. Hiernach kann die EU-Kommission Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansehen. Der Beihilferahmen soll dadurch in vergleichbarer Weise zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise beitragen.
Inhalt des Beihilferahmens
Der neue Beihilferahmen bietet den Mitgliedstaaten – neben den bereits bestehenden Programmen (siehe unser Blogbeitrag vom 20. März 2020) – die nachfolgenden Möglichkeiten:
Direkte Zuschüsse und Steuervorteile (Nr. 3.1)
An die Unternehmen dürfen direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse oder Steuervorteile von jetzt bis zu 800.000 Euro brutto pro Unternehmen gewährt werden. Voraussetzung hierfür sind u.a.:
- Die Beihilfe wird auf der Grundlage einer Beihilferegelung mit geschätzter Mittelausstattung gewährt.
- Die Beihilfe darf an kein Unternehmen gewährt werden, das am 31. Dezember 2019 ein Unternehmen in Schwierigkeiten war.
- Das Unternehmen ist durch den Ausbruch von COVID-19 in Schwierigkeiten geraten.
- Die Beihilfe wird spätestens am 31. Dezember 2020 gewährt.
Vergünstigte staatliche Garantien für Bankdarlehen (Nr. 3.2)
Die EU-Kommission sieht für staatliche Garantien anstelle der üblichen marktangemessenen Avalprovisionen bestimmte Mindestprämien vor: Je nach Art des Unternehmens und Laufzeit des Darlehens betragen die Mindestprämien zwischen 25 und 200 Basispunkten über dem Basiszins.
Der Darlehensbetrag darf
- die doppelten jährlichen Lohnkosten des Kreditnehmers in 2019,
- 25% des Umsatzes des Kreditnehmers in 2019 oder
- seinen Liquiditätsbedarf ab der Gewährung des Darlehens für den Zeitraum von 18 Monaten für KMU und 12 Monaten bei großen Unternehmen
nicht überschreiten.
Ferner ist die Garantie auf eine Laufzeit von höchstens sechs Jahre begrenzt und darf bestimmte Höchstgrenzen (90% bzw. 35%) nicht überschreiten. Die Darlehen dienen der Finanzierung von Investitionen oder Lohnkosten.
Darlehen zu vergünstigten Zinssätzen (Nr. 3.3)
Für zinsgünstige Darlehen gelten zunächst die gleichen Voraussetzungen wie bei den Bürgschaften. Der Mindestzins ist nach dem IBOR zuzüglich eine Kreditrisikoaufschlags von 25 bis 200 Punkten über dem Basiszins.
Weiterleitung der Beihilfen durch Banken an Endkunden
Der Beihilferahmen bringt klar zum Ausdruck, dass Beihilfen, die von Banken an den Endkunden weitergeleitet werden, direkte Beihilfen für die Kunden der Banken sind und nicht Beihilfen für die Banken selbst. Ferner dürfen marktfähige Risiken nicht mithilfe der Mitgliedstaaten durch Exportkreditversicherungen gedeckt werden. Schließlich bestehen Transparenzpflichten durch Veröffentlichung auf der ausführlichen Beihilfewebsite und weitere Aufzeichnungspflichten.
Fazit
Der neue Beihilferahmen ist in Zielsetzung und Umsetzungsgeschwindigkeit sehr zu begrüßen. Die EU-Kommission wird auf dieser Grundlage innerhalb kürzester Zeit die vielfältigen angekündigten Maßnahmenpakete und noch bevorstehenden Maßnahmen der Mitgliedsstaaten zur Stützung der Wirtschaft angesichts der derzeitigen Corona-Pandemie genehmigen müssen. Die Umsetzung des Rahmens in den Mitgliedstaaten verfolgen wir eng und stehen Ihnen für Fragen hierzu jederzeit gerne zur Verfügung.
Temporary Framework for State aid measures to support the economy in the current COVID-19 outbreak, in deutscher Sprache abrufbar unter: https://ec.europa.eu/competition/state_aid/what_is_new/covid_19.html