Gesellschaftsrecht

Neues zur Gesellschafterliste – aktuelle obergerichtliche Entscheidungen

Die Geschäftsführer einer GmbH haben unverzüglich nach Wirksamwerden jeder Veränderung im Gesellschafterbestand eine aktuelle Liste der Gesellschafter zum Handelsregister einzureichen. Dass ein an sich schlichtes Dokument gleichwohl viele Fragen aufwerfen kann, zeigen drei aktuelle Entscheidungen des OLG Hamm, des OLG Düsseldorf sowie des KG.

  1. Fehlende Veränderungspalte kein Aufnahmehindernis

Die in § 40 Abs. 4 GmbHG enthaltene Ermächtigung, die Ausgestaltung vom GmbH-Gesellschafterlisten durch Verordnung näher bestimmen zu können deutet bereits darauf hin, dass die Gestaltung der Gesellschafterliste in der Praxis einiger Komplexität begegnet.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat mit der Verordnung vom 20. Juni 2018 über die Ausgestaltung der Gesellschafterliste (Gesellschafterlistenverordnung – GesLV) von der Ermächtigung nach § 40 Abs. 4 GmbHG auch Gebrauch gemacht. Die Verordnung soll grundsätzlich auf eine Harmonisierung von Gesellschafterlisten hinwirken.

§ 2 der GesLV regelt die sogenannte „Veränderungsspalte“. Die Spalte dient dem Zweck, die einer Veränderung zugrundeliegenden Rechtsakte kenntlich zu machen und somit eine leichtere Nachvollziehbarkeit der Änderungen zu gewährleisten.

Zu der Frage, ob die Veränderungsspalte als absolut zwingender Bestandteil der Gesellschafterliste anzusehen ist, hat sich nunmehr das OLG Hamm in seinem Beschluss vom 6. April 2020 (Az. 27 W 26/20) geäußert. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts steht das Fehlen einer Veränderungsspalte der Aufnahme der eingereichten Gesellschafterliste in das Handelsregister nicht entgegen. Maßgeblich für diese Bewertung sei die für die Veränderungsspalte einschlägige Vorschrift des § 2 Abs. 3 GesLV, bei welcher es sich ihrem Wortlaut zufolge („sollte eingetragen werden“) lediglich um eine „Soll-Vorschrift“ handle. Nach Auffassung des OLG Hamm besteht außerhalb der Regelung des § 2 Abs. 2 GesLV (Änderun der Nummerierung von Geschäftsanteilen) keine Verpflichtung, eine Veränderungsspalte zu führen (so zuvor bereits KG, Beschluss vom 26. März 2019 – 22 W 81/18). Zwar schließe der Wortlaut der Verordnung die Annahme nicht aus, dass stets eine Veränderungsspalte einzurichten sei. Allerdings ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Verordnung, dass Listen außerhalb des Anwendungsbereiches des § 2 Abs. 2 GesLV nicht zwingend mit einer Veränderungsspalte zu versehen seien. Dies stehe auch nicht dem Sinn und Zweck der Regelung entgegen, da die Veränderungsspalte lediglich einen informatorischen Charakter habe und mithin allein die Einsichtnahme in vorhergehende Listen erspare.

Ob mit der Interpretation des OLG Hamm die eigentliche Intention der Vorschrift (Verdeutlichung der historischen Entwicklung der Beteiligungen, vgl. BR-Drucks. 105/18, S. 9) sowie auch der Zweck der Verordnung an sich (Vereinheitlichung von Gesellschafterlisten) allerdings erreicht werden kann, ist fraglich. Nicht nur wird hierdurch der Anwendungsbereich der Veränderungsspalte stark verkleinert, vielmehr führt der uneinheitliche Wortlaut innerhalb der Vorschrift des § 2 GesLV („sollte“, „können“) und die darauf basierende Auslegung des OLG Hamm dazu, dass gerade keine Einheitlichkeit im Hinblick auf die Angaben nach § 2 GesLV erreicht wird.

In der Praxis empfiehlt es sich gleichwohl zur Vermeidung von Zwischenverfügungen und zur Herbeiführung der beabsichtigten Einheitlichkeit, auch die in § 2 Abs. 3 GesLV aufgeführten Veränderungen in eine entsprechende Spalte einzutragen. Zudem wäre eine Klarstellung der Regelung durch den Gesetzgeber wünschenswert.

  1. Aktualisierung der Gesellschafterliste trotz gleichbleibendem Gesellschafterbestand? –

Nach § 20 Abs. 2 GWG gelten die Meldepflichten zum Transparenzregister als erfüllt, sofern sich die Angaben zum wirtschaftliche Berechtigten gemäß § 19 Abs. 1 Nummer 1 bis 4 GWG bereits aus Eintragungen in öffentlichen Registern (wie z.B. dem Handelsregister) ergeben.

Erhebliches Gewicht bekommt diese Vorschrift im Hinblick auf die Gesellschafterliste einer GmbH. Denn aus dieser ergeben sich regelmäßig alle fraglichen Angaben. Die Erfüllungswirkung des § 20 Abs. 2 GWG kann allerdings nur dann beansprucht werden, sofern die Gesellschafterliste auf dem aktuellen Stand ist und sich alle nach GWG erforderlichen Angaben aus ihr ergeben.

Stellen Gesellschafter einer GmbH nun fest, dass die im Handelsregister aufgenommene aktuellste Gesellschafterliste veraltet ist oder nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten – und insbesondere den Anforderungen an den Befreiungstatbestand des § 20 Abs. 2 GWG – entspricht, wird es sinnvoll erscheinen, die Gesellschafterliste zu aktualisieren und in neuer Fassung zum Handelsregister einzureichen.

Nach Auffassung des KG (Beschluss vom 24. April 2020, Az. 22 W 16/18) kommt dies allerdings dann nicht in Betracht, wenn die aktualisierte Gesellschafterliste denselben Gesellschafterbestand aufweist, wie die letzte im Registerordner aufgenommene Liste. Nur wenn sich im Hinblick auf die Gesellschafter und ihre Beteiligungen Veränderungen ergeben, bestünde nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG Anlass für die Einreichung einer weiteren Gesellschafterliste. Dieser Auffassung folgt nunmehr auch das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 15. Mai 20120, Az. I-3 Wx 70/19) und argumentiert ähnlich wie das KG Berlin. Die Einstellung einer neuen Gesellschafterliste in den Registerordner käme nur in Betracht sofern tatsächlich eine Veränderung gegeben sei. Damit widerspricht das OLG Düsseldorf seinem vorherigen Beschluss vom 17. April 2020. Darin vertrat das OLG Düsseldorf  (Beschluss vom 17. April 2020, Az. 3 Wx 57/20) die gegenteilige Auffassung und erachtete auch die freiwillige Einreichung einer den neuen gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Gesellschafterliste ohne Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligungen als zulässig. Begründet wurde dies damit, dass § 40 Abs. 1 bis 3 GmbHG unter den dortigen Voraussetzungen zwar eine Einreichungspflicht begründe, umgekehrt jedoch kein Einreichungsverbot statuiere. Auch sei eine Überlastung der Registergerichte durch Einreichung aktualisierter Gesellschafterlisten kaum zu befürchten.

Eine Durchsetzung der Argumentation aus der letztgenannten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 17. April 2020 wäre sehr zu begrüßen. Sie ermöglicht es Unternehmen, die Aktualität von Informationen – sei es auch bei einem unveränderten Gesellschafterbestand – zu dokumentieren und die elektronische Abrufbarkeit sicherzustellen (elektronisch abrufbar sind grundsätzlich nur solche Dokumente, die seit dem 1. Januar 2007 auf elektronischem Wege beim Registergericht eingereicht wurden). Gleichzeitig würde hiermit auch der allgemeine Sinn und Zweck des GWG (Transparenz von Beteiligungsstrukturen) gefördert. Durch das „Verbot“, welches sich aus der Entscheidung des KG Berlin und der jüngsten Entscheidung des OLG Düsseldorf ergibt, wird gerade dieser Zweck der erhöhten Transparenz konterkariert. Dies mit der Konsequenz, dass auch die Gesellschafter einer GmbH, welche zwar in der Gesellschafterliste angegeben sind, jedoch ohne oder nur unter teilweiser Nennung der in § 19 Abs. 1 Nummern 1 bis 4 GWG geforderten Informationen zum Transparenzregister gemeldet werden müssen, da die Erfüllungswirkung des § 20 Abs. 2 GWG nicht in Anspruch genommen werden kann.

Es bleibt abzuwarten, wie das KG den Wunsch nach Inanspruchnahme der Ausnahmevorschrift des § 20 Abs. 2 GWG als Begründung für eine Aktualisierung der Gesellschafterliste anerkannt. Bei Zugrundelegung der vorbezeichneten Entscheidung des KG und der jüngsten Entscheidung des OLG Düsseldorf besteht einstweilen jedenfalls die Gefahr, dass eine Gesellschaft – ohne Veränderungen des Gesellschafterbestands – eine Aktualisierung der Gesellschafterliste zur „bloßen“  Inanspruchnahme der Befreiungsvorschrift des § 20 Abs. GWG nicht wird vornehmen können. Angesichts der uneinheitlichen Rechtsprechung wäre eine Klarstellung der Regelung durch den Gesetzgeber wünschenswert.