MoPeG – Die Nachhaftung bei Personengesellschaften wird entschärft
Am 01. Januar 2024 wird das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft treten. Vorgesehen sind unter anderem Erleichterungen bei der Nachhaftung im Fall des Ausscheidens eines persönlich haftenden Gesellschafters aus der Personengesellschaft.
Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten einer GbR oder OHG persönlich in unbegrenzter Höhe. Gleiches gilt für die Komplementäre einer KG und auch für die Partner einer Partnerschaftsgesellschaft, soweit keine Ausnahmeregelung greift. Das ist allgemein bekannt. Weit weniger verbreitet ist dagegen das Wissen darüber, dass die persönliche Haftung des Gesellschafters für Verbindlichkeit der Gesellschaft, die bereits vor dem Ausscheiden des Gesellschafters „begründet“ wurden, nach dem Ausscheiden des Gesellschafters noch fünf Jahre lang fortwirkt. Diese sog. Nachhaftung, die sich aus § 736 Abs. 2 BGB, § 10 Abs. 2 PartGG sowie §§ 160, 161 Abs. 2 HGB ergibt, ist nicht abdingbar.
Nachhaftung auch für Sekundäransprüche?
Die herrschende Meinung geht davon aus, dass die persönliche Haftung des Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bereits durch den Vertragsabschluss der Gesellschaft „begründet“ wird. Der ausgeschiedene Gesellschafter hafte deshalb persönlich für sämtliche Ansprüche des Vertragspartners, die sich aus dem Vertragsverhältnis ergeben. Das gelte auch für Sekundäransprüche (z.B. auf Schadensersatz), die sich aus einer vertraglichen Pflichtverletzung ergeben, die erst nach dem Ausscheiden des Gesellschafters verwirklicht wird.
Das bedeutet beispielsweise, dass der ausgeschiedene Gesellschafter dem Vermieter der Personengesellschaft noch fünf Jahre nach seinem Ausscheiden nicht nur für den laufenden Mietzins haftet, sondern auch für alle Schäden, die nach dem Ausscheiden des Gesellschafters durch schuldhaftes Verhalten des Mieters an der Mietsache entstehen. Das Interesse des Gläubigers am Erhalt der ursprünglichen Haftungssubjekte wird insoweit der Vorrang eingeräumt gegenüber der Tatsache, dass ein ausgeschiedener Gesellschafter in aller Regel keine Möglichkeit mehr hat, an der ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung mitzuwirken.
Rechtslage nach Inkrafttreten des MoPeG
Das MoPeG wird insofern zu einem Paradigmenwechsel führen. Die neuen § 137 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F. und § 728b Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. werden vorsehen, dass der ausgeschiedene Gesellschafter nur dann auf Schadenersatz haftet, wenn die zugrundeliegende Pflichtverletzung bereits vor seinem Ausscheiden stattfand. Auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses kommt es nicht mehr entscheidend an. Sind für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs neben der originären Pflichtverletzung weitere Voraussetzungen erforderlich (wie etwa eine erfolglose Nachfristsetzung), so haftet der ausgeschiedene Gesellschafter allerdings auch dann, wenn diese weiteren Voraussetzungen erst nach seinem Ausscheiden eintreten.
Außerdem ist zu beachten, dass die Begrenzung der Nachhaftung nicht schon mit dem Ausscheiden des Gesellschafters eingreift, sondern erst ab dem Zeitpunkt, in dem (i) der Vertragspartner der Gesellschaft von dem Ausscheiden des persönlich haftenden Gesellschafter Kenntnis erlangt hat oder (ii) das Ausscheiden im Handelsregister bzw. – bei der GbR – in dem neuen Gesellschaftsregister gemäß §§ 707 ff. BGB n.F. eingetragen wurde.
Die Neuregelungen zur Nachhaftung sind umso bedeutsamer, als sie auch beim Statuswechsels einer OHG oder einer im Gesellschaftsregister eingetragenen GbR in eine KG entsprechende Anwendung finden werden (§ 137 Abs 3 Satz 1 HGB n.F., § 707c Abs. 5 Satz 1 BGB n.F.). Auch die Nachhaftung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters, der in die Kommanditistenstellung wechselt, wird somit auf „echte“ Altverbindlichkeiten der Gesellschaft beschränkt.
Auswirkungen auf die Praxis
Die neuen Regelungen werden die Haftungsrisiken von ehemaligen persönlich haftenden Gesellschaftern für die Zeit nach ihrem Ausscheiden bzw. nach dem Wechsel in die Kommanditistenstellung merklich reduzieren. Zwar hat die Neureglung zur Folge, dass dem Vertragspartner der Gesellschaft damit ein potentieller Haftungsadressat abhandenkommt. Wenn der Vertragspartner es für erforderlich halten sollte, kann er darauf aber in geeigneter Weise reagieren, zum Beispiel mit der Anforderung von Sicherheiten oder – als ultima ratio – mit einer Vertragskündigung.
Gerade im Hinblick auf längerfristige Vertragsbeziehungen (wie etwa Mietverhältnisse), bei denen der Vertragsschluss regelmäßig lange vor der Pflichtverletzung liegt, war diese Änderung der Rechtslage geboten. Die Beschränkung der Nachhaftung trägt so zur Steigerung der Attraktivität der Rechtsform „Personengesellschaft“ bei.