Gesellschaftsrecht

Haftung eines Geschäftsführers einer Kommanditisten-GmbH gegenüber der Kommanditgesellschaft

Verfasst von

Dr. Thorsten Ehrhard

Dr. Robert Schiller

A. Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof beantwortete in seiner Entscheidung vom 14. März 2023 (Aktenzeichen: II ZR 162/21) zum ersten Mal die Rechtsfrage, ob der Geschäftsführer der Komplementärin einer GmbH & Co. KG gegenüber der Kommanditgesellschaft auch dann nach § 43 Abs. 2 GmbHG haftet, wenn die Wahrnehmung der Geschäftsführung nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist. Diese Rechtsfrage bejaht der Bundesgerichtshof, so dass sich die Haftung des Geschäftsführers der Komplementär GmbH auch dann auf die Kommanditgesellschaft erstreckt, wenn die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist.

Dieser von dem Bundesgerichtshof zu beantwortenden Rechtsfrage lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH & Co. KG (Schuldnerin). Nach dem Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft war zur Geschäftsführung ausschließlich eine Kommanditistin, eine GmbH, berechtigt. Der Beklagte wurde zum weiteren Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditgesellschaft bestellt. Der Gesellschaftsvertrag sah zudem vor, dass die Schuldnerin Anleger einwerben sollte. Diese Anlegergelder stellte sie einer mittlerweile insolventen AG als Darlehen zum Erwerb von Immobilien zur Verfügung. Im Darlehensvertrag mit der AG war vereinbart, dass die Darlehen umfangreich besichert werden. Aus den laufenden Zinsen sollten Ausschüttungen an die Anleger erfolgen.

Der Kläger nahm den Beklagten wegen einer Überweisung in Höhe von EUR 510.000,00 auf einen Teilbetrag in Höhe von EUR 200.000,00 in Anspruch. An der Überweisung selbst wirkte der Beklagte nicht mit. Zum Zeitpunkt der Überweisung waren von den Darlehen an die AG in Höhe von ca. EUR 38 Mio. lediglich EUR 2,7 Mio. werthaltig besichert.

Der Bundesgerichtshof führte in seinen Entscheidungsgründen aus, dass der Kläger gegen den Beklagten als Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH einen Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 2 GmbHG wegen sorgfaltswidriger Geschäftsführung habe. Denn der Schutzbereich des zwischen der Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnis erstrecke sich im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft. Hierfür sei es nicht erforderlich, dass die Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH sei.

Der Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH hafte gegenüber der Kommanditgesellschaft gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter wie gegenüber der GmbH. Die Kommanditgesellschaft sei in den Schutzbereich des zwischen der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehende Organ und Anstellungsverhältnis einbezogen.

Eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers bei der Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft gehe vor allem zu deren Lasten. Die Kommanditgesellschaft beziehungsweise die Kommanditisten seien daher auf die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des Geschäftsführers der geschäftsführenden GmbH angewiesen, unabhängig davon, ob diese die Geschäftsführung als Komplementärin oder als Kommanditistin ausübe.

Die Haftung des Geschäftsführers der geschäftsführenden GmbH einer GmbH & Co. KG erstrecke sich auch dann auf die Kommanditgesellschaft, wenn die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH sei. Für den Geschäftsführer bleibe die Haftungserstreckung auch dann erkennbar, wenn die GmbH die Geschäfte, wie dies vorliegend der gewesen war, in weiteren Gesellschaften ausführe. Am Pflichtenkreis des Geschäftsführers ändere sich durch eine Mehrfach-Geschäftsführung nichts. Dieser habe sich bei der Übernahme der Geschäftsführung über den Umfang der damit verbundenen Aufgaben einen Überblick zu verschaffen. Die Kommanditgesellschaft dürfe hierbei darauf vertrauen, dass die geschäftsführende GmbH beziehungsweise deren Geschäftsführer ihr die geschuldete Obhut und Fürsorge entgegenbringe.

Der Haftung des Geschäftsführers stünde auch nicht eine interne Ressortverteilung entgegen. Denn den Geschäftsführer treffe kraft seiner Amtsstellung grundsätzlich die Pflicht zur Geschäftsführung im Ganzen. Eine Ressortverteilung lasse die Verantwortung des einzelnen Geschäftsführers für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der Gesellschaft nicht entfallen. Es verbleibe bei dem nach der Ressortverteilung grundsätzlich unzuständigen Geschäftsführer seiner Allzuständigkeit Überwachungspflichten. Insbesondere müsse der Geschäftsführer Hinweisen auf Fehlentwicklungen oder Unregelmäßigkeiten in einem fremden Ressort immer und unverzüglich nachgehen.

Daher habe hafte vorliegend der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 2 GmbHG aufgrund des eingetretenen Schadens wegen der ausgeführten Überweisung im Zusammenhang mit den nicht vollumfänglich besicherten Darlehen.

B. Praxishinweis

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs enthält für Geschäftsführer im Wesentlichen zwei Kernaussagen:

Erstens stellt der Bundesgerichtshof klar, dass der Geschäftsführer einer geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH gegenüber der Kommanditgesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG haftet. Dies bedeutet für den Geschäftsführer, dass sich dieser nicht damit exkulpieren kann, dass er nicht Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gewesen sei. Auch greift die Argumentation nicht, dass die Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft nicht die alleinige und wesentliche Aufgabe der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH gewesen sei. Eine Haftung des Geschäftsführers besteht auch in diesem Fall nach § 43 Abs. 2 GmbHG.

Zweitens trifft den Geschäftsführer auch dann eine vollständige Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn eine Ressortverteilung innerhalb der Geschäftsführung vorgenommen wurde. Den Geschäftsführer treffen eine Allzuständigkeit und eine Generalverantwortung, die ihn nicht von der Verpflichtung entbindet, auch über die Geschehnisse in den anderen Ressorts informiert zu sein, um gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen zu können.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt ein weiteres Mal sehr deutlich, dass die Haftung eines Geschäftsführers, in dem vorliegenden Fall im Rahmen der Geschäftsführung einer GmbH & Co. KG, sehr weitreichend ist und sich der Geschäftsführer auch dann intensiv um die Geschäfte der Gesellschaft kümmern muss, wenn die GmbH etwa bei weiteren Gesellschaften mit der Geschäftsführung betraut ist. Hinzu kommt, dass sich der Geschäftsführer vor einer Haftung auch nicht mit einer Ressortverteilung retten kann.