Kartell-, Vergabe- und Beihilfenrecht

Erweiterung des EU Innovationsfonds – Attraktive Fördermöglichkeiten für die Herstellung von erneuerbarem Wasserstoff

Verfasst von

Ricarda Völker

Durch die aktuelle Überarbeitung der EU Emissionshandelssystem Richtlinie wurden die Fördermöglichkeiten des EU Innovationsfonds (IF) weiter ausgebaut. Unter anderem wurde ein neuer Fördermechanismus in Form von Ausschreibungen („Auktionen“) eingeführt. Eine erste Pilotauktion mit dem Ziel der Förderung des Ausbaus von Produktionskapazitäten für Wasserstoff aus erneuerbaren Brennstoffen nicht-biologischen Ursprungs (RFNBO) wird am 23. November 2023 starten. Die dieser Auktion zugrundeliegenden Bedingungen und Konditionen wurden am 30. August 2023 veröffentlicht. Angebote sind voraussichtlich bis zum 8. Februar 2024 einzureichen. Interessierten Bietern wird empfohlen, ihre Angebote bereits vor der Eröffnung der Ausschreibung vorzubereiten. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Voraussetzungen der Förderung und die Grundzüge des Förderverfahrens.

Auktionsmechanismus und Höhe der Förderung 

Die Förderung soll die Differenz zwischen den Produktionskosten und dem Marktpreis ausgleichen und wird daher zusätzlich zu den am Markt erzielbaren Einnahmen aus dem Verkauf des Wasserstoffs gewährt. Entsprechend bezieht sich auch der von interessierten Bietern anzugebende Gebotspreis lediglich auf die „Aufstockung“, die erforderlich ist, damit das Projekt wirtschaftlich ist.

Der Förderung liegt ein Auktionsmechanismus zugrunde. Interessierte Bieter geben ein Festpreisgebot in Euro (€) pro Kilogramm produziertem Wasserstoff ab. Das Maximalgebot beträgt 4,5 €/kg Wasserstoff. Die Kosten zur Bestimmung des Gebotspreises sind im Antrag anzugeben. Hierbei können unter anderem auch Infrastrukturkosten berücksichtigt werden. Je niedriger das Gebot ist, desto höher sind die Förderchancen. Bei Zuschlagserteilung entspricht die Förderung dem abgegebenen Gebot. Pro Zuwendungsempfänger können über den gesamten Förderzeitraum maximal 266,7 Mio. € gefördert werden.

Die Förderung wird halbjährlich über einen Zeitraum von zehn Jahren ab Inbetriebnahme der Produktionsanlagen ausgezahlt. 

Antragsteller und Fördervoraussetzungen

Der Bieter muss im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ansässig sein und die Produktionskapazitäten müssen im EWR geschaffen werden.

Die Förderung bezieht sich ausschließlich auf Wasserstoff aus neu geschaffenen Produktionskapazitäten, also solchen, die erst nach der Antragstellung in Betrieb genommen werden. Die Elektrolysekapazität von mind. 5 MW muss an einem einzigen Standort installiert werden (kein virtuelles Pooling). Für das Gebot ist die pro Jahr durchschnittlich erwartete Menge der RFNBO-Wasserstoffproduktion über einen Produktionszeitraum von 10 Jahren zugrunde zu legen. Der geförderte Wasserstoff muss nachweislich mindestens 70 % der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Einsatz von fossilen Brennstoffen gem. des Anhangs zur Delegierten Verordnung vom 10.2.2023 (C (2023) 1086 final) (EU) einsparen. 

Mit dem Antrag sind glaubwürdige Strategien zur Beschaffung des Elektrolyseurs, des Stroms aus erneuerbaren Energien sowie bezüglich der Wasserstoffabnahme und der Bestimmung des Abnahmepreises vorzulegen und anhand von Letter of Intent (LoIs), Memoranda of Understanding (MoUs) oder anderen vorvertraglichen Dokumenten mit festgelegtem Inhalt nachzuweisen. Diese müssen mindestens 60 % der erforderlichen Gesamtstrommenge bzw. die Abnahme von mindestens 60 % des Produktionsvolumens abdecken. Das Risiko von Preisschwankungen ist zu berücksichtigen.

Es sind keine Restriktionen hinsichtlich der Abnehmer des Wasserstoffs vorgesehen. Ebenso gibt es keine „Local content“-Voraussetzung. Jedoch müssen in den Antragsformularen Informationen über die Herkunft des Elektrolyseurs bereitgestellt werden.

Die Inbetriebnahme muss innerhalb von 5 Jahren nach Unterzeichnung des Fördervertrags (sog. „Grant Agreement“) erfolgen. Die eingereichten Dokumente müssen glaubhaft belegen, dass erforderliche Genehmigungsverfahren eingeleitet wurden und der Zeitplan für die Erlangung der Genehmigungen vor Ablaufen der Inbetriebnahmefrist realistisch ist.
Um spekulative Angebote zu verhindern, ist jeder Antragsteller verpflichtet, eine Bankgarantie in Höhe von 4 % des für ihn maximalen Zuschussbetrages abzuschließen. Diese muss durch die Bewilligungsbehörde in Anspruch genommen werden können, wenn das Projekt nicht innerhalb von 5 Jahren nach Unterzeichnung des Fördervertrags in Betrieb genommen wird. Die Garantie muss spätestens innerhalb von 2 Monaten nach der Bekanntgabe der Bewertung des Antrags und vor dem Abschluss des Fördervertrags abgeschlossen werden. Mit dem Angebot ist ein entsprechender LoI vorzulegen.

Das Verfahren

Für die Zulassung zur Preisbewertungsphase der Auktion werden zunächst die sog. „Qualification Requirements“ auf Pass/Fail-Basis bewertet. Hierzu gehören neben der Erfüllung der formellen Voraussetzungen und der Teilnahmeberechtigung insbesondere eine Bewertung der vorstehend genannten Strategien sowie der technischen, finanziellen und operativen Machbarkeit des Projektes. 

Zugelassene Gebote erhalten anschließend in der Reihenfolge vom niedrigsten bis zum höchsten Gebotspreis einen Zuschlag, bis das zur Verfügung stehende Budget verbraucht ist. Für den Fall, dass gleiche Gebote abgegeben werden, erfolgt die Zuschlagserteilung wie folgt: Zunächst werden Vorhaben mit einem insgesamt niedrigeren Zuschussbedarf, danach Vorhaben in Ländern, in denen weniger Innovationsfondsmittel bewilligt wurden und anschließend Vorhaben mit der geringsten Dauer bis zur Inbetriebnahme bezuschlagt.
Am Ende des Prozesses steht der Abschluss eines Fördervertrags mit der CINEA. Dieser kann u.a. dann aufgelöst werden, wenn die Produktion im Durchschnitt von drei aufeinanderfolgenden Jahren unter 30 % des im Antrag angegebene jährlichen Durchschnittvolumens fällt. 

Ausblick und Bewertung

Das Konzept des „Competitive Bidding“ im EU IF eröffnet neue Möglichkeiten der Vergabe von Fördermitteln und kann damit einen entscheidenden Beitrag zur Transformation der europäischen Energieinfrastruktur und Verringerung des Anteils fossiler Brennstoffe leisten. Durch den Auktionscharakter stehen die Bewerber in direktem Wettbewerb zueinander. Bei erfolgreicher Umsetzung der Pilotauktion ist eine jährliche Wiederholung der Auktion geplant. Eine Ausweitung des Konzeptes auf andere Förderbereiche ist ebenfalls denkbar.