Kartell-, Vergabe- und Beihilfenrecht

Elektrifizierung von Prozesswärme – neue Förderchancen für Europas Industrie

Verfasst von

Ricarda Völker

Darja Bleyl

In der diesjährigen Antragsrunde des EU-Innovationsfonds wird es erstmalig auch eine Auktion im Bereich Prozesswärme geben. Für die Förderung von Projekten mit einem Fokus auf der Elektrifizierung industrieller Prozesswärme und dem direkten Einsatz erneuerbarer Wärme für industrielle Prozesse steht ein Budget von insgesamt einer Milliarde Euro zur Verfügung. Noch bis zum 18. Juli 2025 läuft das Konsultationsverfahren.

Die wesentlichen Rahmenbedingungen der neuen Auktion

Die Elektrifizierung industrieller Prozesswärme ist ein maßgeblicher Treiber für die industrielle Dekarbonisierung. Die Wirtschaftlichkeit entsprechender Projekte ist dabei häufig ein Hindernis im Hinblick auf die tatsächliche Umsetzung.

Vor diesem Hintergrund bereitet die EU-Kommission derzeit im Rahmen des EU-Innovationsfonds ein neues, auktionsbasiertes Förderinstrument zur Dekarbonisierung industrieller Prozesswärme mittels Elektrifizierung, zum Beispiel durch Wärmepumpen oder Elektrokessel, und Nutzung von erneuerbaren Energien, zum Beispiel in Form von Solar- und Geothermie, vor.

Projekte müssen voraussichtlich eine Mindestgröße von 5 MWth neu installierter Kapazität an einem einzelnen Standort aufweisen; eine virtuelle Bündelung ist nicht zulässig. Sowohl die Umstellung auf elektrifizierte oder direkt erneuerbare industrielle Prozesswärmelösungen als auch die Einführung neuer Technologien in diesem Bereich können gefördert werden.

Der Auktion soll ein „Pay-as-bid“-Mechanismus zugrunde liegen, bei dem interessierte Unternehmen verbindliche Gebote in Höhe des benötigten Förderbetrages pro vermiedener Tonne CO2 abgeben können. Die Bewertung erfolgt ausschließlich auf Grundlage dieses Gebotes, vorausgesetzt die Projekte erfüllen die Zulassungs- und Qualifikationskriterien. Projekte erhalten den Zuschlag, bis das jeweilige Budget erschöpft ist. Die Förderung soll sodann als feste Prämie gewährt werden, die an die nachgewiesene tatsächliche CO2-Einsparung gekoppelt und proportional zum bezuschlagten Gebot ist. Bis zu 100 % der Finanzierungslücke können gefördert werden. Im Entwurf der Förderbedingungen ist ein Maximalgebot von 250 €/t CO2 für Projekte im Bereich Niedrigtemperaturwärme und von 500 €/t CO2 für Projekte im Bereich Hochtemperaturwärme vorgesehen. Der Förderhöchstbetrag je Gebot ist auf 250 Millionen Euro festgelegt. Die Förderung erfolgt über einen Zeitraum von maximal fünf Jahren, mit halbjährlicher Auszahlung ab der Inbetriebnahme basierend auf dem tatsächlichen Output.

Es ist vorgesehen, dass die Auktion in die Themenfelder Niedertemperatur- (100°C bis 400°C) und Hochtemperaturwärme (> 400°C) aufgeteilt wird, um eine getrennte Evaluierung zu ermöglichen. Das Gesamtbudget von insgesamt 1 Mrd. Euro soll hälftig auf die beiden Themenfelder aufgeteilt werden.

Die Besonderheiten der Auktion

Der grundsätzlich weite Anwendungsbereich der Auktion wird dahingehend eingeschränkt, dass Technologien, die bereits weitgehend elektrifiziert sind, wie Elektrolichtbogenöfen, von der Förderung ausgeschlossen sind. Ebenso ist die Wärmeerzeugung für Raumheizung oder für den Verkauf als Fernwärme nicht förderfähig.

Des Weiteren ist die Förderung generell auf 80 % der nominellen Jahreskapazität der jeweiligen Anlage begrenzt, um eine Subventionierung von Stromnutzung zu vermeiden, die zu hohen Emissionen und erhöhten Systemkosten führt, insbesondere bei Verbrauchsspitzen. Die Berücksichtigung der vollen Kapazität einer Anlage ist daher nur möglich, wenn im Antrag Flexibilisierungsmaßnahmen, wie beispielsweise Speicherlösungen, vorgesehen sind.

Um sicherzustellen, dass ausschließlich vielversprechende Projekte an der Auktion teilnehmen, verlangt die EU-Kommission eine Fertigstellungsgarantie in Höhe von 8 % der maximalen Fördersumme. Ein entsprechender Letter of Intent (LoI) muss bereits mit dem Antrag eingereicht werden. Die Garantie wird in Anspruch genommen, wenn das Projekt den „Financial Close“ nicht innerhalb von zwei Jahren erreicht, nicht innerhalb von vier Jahren in Betrieb geht oder – im Fall eines Austauschs – die Stilllegung der alten Anlagen nicht nachgewiesen werden kann. Sollte die Wärmeproduktion im Durchschnitt – berechnet über einen rollierenden Dreijahreszeitraum – unter 30 % des erwarteten Jahresdurchschnittsvolumens liegen, wird die Förderung eingestellt, ohne jedoch die Fertigstellungsgarantie in Anspruch zu nehmen.

Die Höhe des Gebots kann vom Bieter grundsätzlich frei festgelegt werden. Ausgangspunkt sollte dabei grundsätzlich die Differenz zwischen den diskontierten Kosten und Einnahmen sein. Die Herausforderung besteht darin, ein Gebot abzugeben, das einerseits wettbewerbsfähig ist und andererseits – angesichts der Fertigstellungsgarantie und der Kumulierungsverbote – ausreichend hoch ist, um das Projekt wirtschaftlich tragfähig zu gestalten. Dabei ist zu beachten, dass keine automatische Indexierung der Förderung erfolgt, sodass Inflation, potenzielle Kostensteigerungen usw. durch den Bieter in der Preisstrategie berücksichtigt werden müssen.

Mögliche Anpassungen am Entwurf der Förderbedingungen

Die EU-Kommission befindet sich derzeit in der Konsultationsphase der Förderbedingungen und hat nach eigenen Angaben insbesondere Rückmeldungen zu den geplanten Temperaturgrenzen und der Mindestgröße von 5 MWth erhalten. Es gibt Vorschläge, diese Werte zu senken, um mehr Projekte zu berücksichtigen.

Zudem wird die Höhe der Fertigstellungsgarantie kritisch hinterfragt. Bei der Wasserstoffauktion war die Garantie im vergangenen Förderaufruf von 4 % auf 8 % der maximalen Fördersumme erhöht worden, und es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, ob dieser Ansatz auch für die Prozesswärmeauktion übernommen werden sollte.

Des Weiteren erhält die EU-Kommission zahlreiche Rückmeldungen zur Ausgestaltung der Flexibilisierungsoptionen.

Die endgültige Festlegung der Förderbedingungen bleibt insoweit abzuwarten.

Der weitere Zeitplan für die Prozesswärmeauktion

Die Konsultationsphase läuft noch bis zum 15. August 2025. Die endgültigen Förderbedingungen werden für September 2025 erwartet. Die Auktion soll dann am 3. Dezember 2025 starten und voraussichtlich Mitte Februar 2026 enden. Die Ergebnisse der Auktion werden im Frühling 2026 erwartet.

Bereits jetzt sollten Unternehmen prüfen, ob geplante Projekte für eine Teilnahme an der Prozesswärmeauktion in Frage kommen. Die Antragstellung kann vorbereitet werden, sobald die finalen Förderbedingungen vorliegen.