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Die Omnibus-Initiative der EU-Kommission und die Auswirkungen auf die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD)

Verfasst von

Dr. Tobias von Tucher, LL.M. Eur

Die von der EU-Kommission am 26. Februar 2025 veröffentlichte Omnibus-Initiative sieht Anpassungen im Richtlinientext der CSDDD vor und schärft dabei die Pflichten für Unternehmen im Detail nach. Die erneute Bestätigung der CSDDD durch die EU-Kommission verdeutlicht, dass Unternehmen nun mit der Umsetzung beginnen sollten.

Welche Änderungen durch die Omnibus-Initiative auf Unternehmen zukommen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Die EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive - CSDDD) trat am 25. Juli 2024 in Kraft und sieht einen komplexen Katalog an Handlungspflichten für Unternehmen vor, um Menschenrechte und die Umwelt entlang der gesamten Lieferkette zu schützen – und das weltweit.

Am 26. Februar 2025 hat die EU-Kommission zum Zweck der Entlastung der Unternehmen ein Maßnahmenpaket in Form verschiedener Gesetzgebungsinitiativen veröffentlicht (sog. Omnibus), in dessen Rahmen auch der Inhalt der CSDDD konkretisiert werden soll.

Wichtig ist, dass die Omnibus-Initiative derzeit noch den Erstentwurf eines Änderungsgesetzes darstellt und in Folge durch das EU-Parlament und den Rat angenommen werden muss – Anpassungen sind wahrscheinlich.  Es steht aber auch fest, dass die CSDDD nicht aufgehoben werden soll; vielmehr wurde diese im Rahmen der Omnibus-Initiative im Sinne einer praxisnahen Anwendung präzisiert. Die Pflichten für die Unternehmen bleiben bestehen und verlangen eine sorgfältige Vorbereitung.

Änderungen gemäß Omnibus-Initiative der EU-Kommission

Die vorgeschlagenen Änderungen an der CSDDD umfassen unter anderem Anpassungen in ihrem Anwendungsbeginn und der Haftung der Unternehmen. Gleichzeitig wurden die Sorgfaltspflichten der Unternehmen bestätigt und in Teilen konkretisiert.

Anwendungsbeginn erst ab dem Jahr 2028

Die Omnibus-Initiative schlägt eine einjährige Fristverlängerung für die Umsetzung der CSDDD in nationales Recht durch die Mitgliedstaaten vor. Damit wird der erstmalige Anwendungsbeginn der CSDDD vom 26. Juli 2026 auf den 26. Juli 2027 verschoben, ohne den unternehmensbezogenen Anwendungsbereich einzuschränken (ab Juli 2029 soll die CSDDD unverändert für alle Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen und mehr als 450 Millionen Euro Umsatz Anwendung finden).

Anforderungen an das Risikomanagement werden konkretisiert

Der grundlegende Anforderungsrahmen der CSDDD bleibt weitgehend bestehen. Insbesondere der umfassende Ansatz des Risikomanagements, der einen komplexen und miteinander verknüpften Katalog von Sorgfaltspflichten umfasst, bleibt unverändert.

Die Omnibus-Initiative verstärkt den Fokus auf das Risikomanagement innerhalb der Lieferkette („chain of activities“), das darauf abzielt, erkennbare Risiken frühzeitig zu identifizieren. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf die Sorgfaltspflicht gegenüber unmittelbaren Zulieferern gelegt. Dabei soll, ähnlich wie im deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), zwischen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern unterschieden werden. Das Hauptaugenmerk liegt neben dem eigenen Geschäftsbereich insbesondere auf den unmittelbaren Zulieferern.

Sollten jedoch Hinweise darauf hindeuten, dass Risiken von mittelbaren Zulieferern ausgehen könnten, werden eingehende Analysen und die Durchsetzung vertraglicher Zusicherungen auch in der nachgelagerten Lieferkette obligatorisch. Dieser an das LkSG angelehnte Ansatz verbessert zwar die praktische Umsetzung der CSDDD, erlaubt es jedoch nicht, die Bemühungen auf die unmittelbaren Zulieferer zu beschränken. Eine unzureichende Identifizierung von Risiken in der tieferen Lieferkette (wie etwa branchenspezifische und länderspezifische Risiken) kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten eine Haftung begründen und macht Nachforschungen auch in tieferen Ebenen der Lieferkette in Bezug auf mittelbare Zulieferer notwendig.

Wird der Omnibus-Vorschlag angenommen, bedeutet dies eine Abkehr vom bisherigen Konzept der CSDDD, nämlich dem Grundsatz einer regelmäßigen Betrachtung der gesamten Lieferkette im Rahmen der Risikoanalyse. Mit diesem neuen Fokus wird die CSDDD in der praktischen Umsetzung für Unternehmen greifbarer und ermöglicht praxisnähere und rechtssichere Umsetzungen unter Berücksichtigung zweier ihrer Kernelemente: dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem risikobasierten Ansatz.

Bestehen bleibt ferner die Pflicht, einen Klimaplan einschließlich konkreter Umsetzungsmaßnahmen zu erstellen, um aktiv zur Reduzierung der klimatischen Auswirkungen des Geschäftsmodells beizutragen.

Bedeutung des Lieferantenmanagements wird betont

Ein Hauptaugenmerk der CSDDD liegt auf dem Lieferantenmanagement, das im Richtlinientext ausdrücklich benannt ist. Es umfasst Maßnahmen wie die vertragliche Verpflichtung zur Wahrung von Menschenrechten und Umweltstandards in der Lieferkette.

Die Vorgaben für unternehmerisches Handeln nach der CSDDD werden durch die Omnibus-Initiative insoweit gelockert, dass Unternehmen mehr Autonomie in ihren Entscheidungen erhalten. So ist beispielsweise die Beendigung von Verträgen zwischen dem Unternehmen und seinen Zulieferern in bestimmten Situationen nicht mehr zwingend vorgeschrieben.

Zivilrechtliche Haftung bleibt bestehen

Das Risiko der zivilrechtlichen Haftung für Schäden, die durch Verstöße gegen die CSDDD verursacht werden, bleibt bestehen.

Gleichzeitig erhalten die Mitgliedstaaten durch einen Verweis auf nationales Recht mehr Spielraum bei der Ausgestaltung. Da die Anspruchsgrundlage auf dem jeweiligen nationalen Zivilrecht basieren soll, können ohne eine einheitliche Harmonisierung durch die CSDDD Unterschiede in der Umsetzung zwischen den Ländern auftreten, was potenzielle Unsicherheiten für Unternehmen mit sich bringen kann.

Auch die Bußgeldbestimmungen der CSDDD werden durch Omnibus angepasst, aber nicht aufgehoben. Anstelle eines europaweit harmonisierten Bußgeldrahmens werden die rechtlichen Details der Haftung nun den Mitgliedstaaten überlassen, wobei die Bußgelder angemessen sein und dem Verstoß gerecht werden sollen.

Diese Anpassungen im Bereich der Haftung erfordern eine gründliche Analyse der Umsetzung der CSDDD durch die jeweiligen Mitgliedstaaten.

CSDDD ist ein Baustein im komplexen regulatorischen Umfeld

Ein bemerkenswerter Aspekt für deutsche Unternehmen ist die angestrebte Harmonisierung der CSDDD mit dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR).

Diese Entwicklung verdeutlicht den Wandel im globalen regulatorischen Umfeld. Unternehmen sollten die regulatorische Landschaft und deren Auswirkungen auf ihre Geschäftsaktivitäten genau im Auge behalten. Zu den zentralen Regelwerken zählen neben dem LkSG, der CSDDD und der EUDR insbesondere auch produktbezogene Bestimmungen wie die Batterienverordnung (BattVO) sowie europäische und US-amerikanische Vorschriften zur Bekämpfung von Zwangsarbeit.  Daher ist es entscheidend, die Anwendungsbereiche der unterschiedlichen Regelungen rechtzeitig zu erfassen, um relevante regulatorische Aspekte zu identifizieren und mögliche Synergien zwischen den Gesetzen zu nutzen. Überschneidungen im Risikomanagement sollten vermieden werden.

Besonders im Bereich des Risikomanagements kann dies hilfreich sein, um gleichzeitig zum Nachhaltigkeitsreporting der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) beizutragen.

Es ist auch wichtig zu betonen, dass die Omnibus-Initiative die Fristen für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten gemäß der EUDR nicht verändert hat. Die Anforderungen der EUDR finden nach wie vor ab dem 30. Dezember 2025 Anwendung. Angesichts dieses engen Zeitfensters wird empfohlen, unverzüglich mit der Umsetzung der EUDR zu beginnen.

Wie kann PwC Legal bei diesem Thema unterstützen?

Für Unternehmen ist es wichtig, dass sie sich, ausgehend von der Frage nach ihrer Betroffenheit, bereits jetzt mit den Implikationen der CSDDD für ihr Geschäftsmodell vertraut machen und mit der Umsetzung erster Maßnahmen (z.B. Rollout eines Supplier Code of Conduct) beginnen.   Die Auswirkungen des Omnibus-Vorschlags sind konkret und können bereits bei der Ausgestaltung des Risikomanagements in der Lieferkette sowie bei der Vorbereitung auf die CSDDD berücksichtigt werden.

PwC Legal steht Ihnen gerne bei Fragen rund um die Themen CSDDD, Omnibus und sonstigen ESG-Themen zur Verfügung. 

Dr. Tobias von Tucher ist Partner und Rechtsanwalt, sowie Mitglied des globalen PwC Führungskreis zur CSDDD und Co-Gründer des deutschen „LkSG-Center of Excellence“. Der Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit den Rechtsanwälten Clemens Bauer und Isabella Bühl, die beide als Global ESG-Driver das Thema CSDDD im PwC-Netzwerk betreuen.