Der Weg zum KI-Kontinent - Förderung für Lösungen „made in Europe“ und den Ausbau von Rechenkapazitäten
Co-Autorin des Beitrags ist Katrin Gerb.
Künstliche Intelligenz (KI) wird in vielen Bereichen eingesetzt, darunter in der Medizin, im Rechtswesen, in der Bildung und im Alltag sowie zunehmend in der Industrie, etwa zur Optimierung von Lieferketten und automatisierten Qualitätskontrollen. Dabei erfordert die KI-Entwicklung und -Anwendung erhebliche Rechenleistung, die durch KI-(Giga-)Fabriken bereitgestellt wird, da sie die notwendigen Kapazitäten zur effizienten Verarbeitung komplexer Modelle bieten. Während die EU die Bedeutung von KI für die Wettbewerbsfähigkeit erkenne, stehe sie bei der Bereitstellung eigener Rechenzentrumskapazitäten hinter den USA und China zurück.
Insoweit ergreift die EU seit 2024 gezielte Maßnahmen, um ihre KI-Kompetenzen und -Kapazitäten u.a. durch Förderung zu verstärken und die Entwicklung eigener Rechenzentrumskapazitäten sowie KI-Fabriken voranzutreiben:
- KI-Innovationspaket: Die Kommission erklärt KI-Fabriken als strategische Priorität;
- InvestAI Facility:
- Bereitstellung von 200 Mrd. EUR für KI-Investitionen, davon 20 Mrd. EUR speziell für KI-Gigafabriken;
- Ziel: Errichtung von bis zu fünf KI-Gigafabriken.
Zudem wurde in 2018 das European High Performance Computing Joint Undertaking (EuroHPC JU) gegründet. Es ist eine Einrichtung zur Stärkung der europäischen Führungsrolle im Supercomputing (sog. Hochleistungsrechnen durch paralleles Arbeiten mehrerer Computersysteme, um komplexe Aufgaben zu bewältigen). Es koordiniert die Anstrengungen der EU und ihrer Mitgliedsländer, um Europa zu einem globalen KI-Akteur zu machen, in dem es neue KI-Infrastrukturen schafft und den Zugang dazu koordiniert.
Aktionsplan für den KI-Kontinent
Mit dem Aktionsplan für den KI-Kontinent vom 09.04.2025 wurden die Leitplanken für die KI-Investitionen in der EU gesetzt.
Der Aktionsplan verfolge das Ziel, die Einführung von KI über alle Industrien hinweg zu beschleunigen. Ein zentraler Ansatz ist dabei die Förderung von KI-Lösungen „made in Europe“, um im globalen Kontext relevant zu bleiben und die technologische Innovation innerhalb der EU voranzutreiben. Dazu fördern das KI-Innovationspaket und die Initiative GenAI4EU u. a. erhebliche Investitionen in die Entwicklung fortschrittlicher KI-Modelle. Ein Fokus dabei ist insbesondere die KI-Grundlagenforschung, um die europäische Zusammenarbeit und internationale Fachkompetenz zu stärken.
Um all dies zu ermöglichen, braucht es jedoch hinreichend KI-Rechenkapazitäten mit entsprechender Infrastruktur. Daher ist ein zentraler Baustein die Errichtung von bis zu fünf KI-Gigafabriken in der EU, die mit dem EuroHPC-Netzwerk von KI-Fabriken verbunden werden sollen, um Integration und Wissensaustausch zu gewährleisten.
Bei KI-Gigafabriken handelt es sich um groß angelegte KI-Recheninfrastruktureinrichtungen, die sich der Entwicklung und dem Training von KI-Modellen und KI-Anwendungen der nächsten Generation widmen. Unter KI-Gigafabriken werden Rechenzentren mit 100.000 KI-Spezialchips (GPUs) definiert, die der Optimierung von Training, Inferenz und Einsatz besonders umfangreicher KI-Modelle dienen. Bei KI-Fabriken werden hingegen nur 25.000 Chips verwendet.
Im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens zur Errichtung dieser Fabriken wurden insgesamt 76 Interessenbekundungen für KI-Gigafabriken in 16 Mitgliedstaaten an 60 Standorten bei der EU-Kommission eingereicht.
Der offizielle Förderaufruf ist für Q1 2026 vorgesehen und wird in Form eines „Call for Expression of Interest“ (CfEoI) gestaltet. Der Aufruf umfasst folgende Kernaspekte:
- Ziel und Projektbeschreibung: Übersicht über Projektziele, Arbeitsplan, Meilensteine, erwartete Ergebnisse und die Verbindung zur europäischen KI-Strategie;
- Technische Spezifikationen: Anforderungen an Standort, technologische Fähigkeiten, Infrastruktur und Umweltaspekte;
- Partnerschaftsstruktur und Governance: Richtlinien für die Zusammensetzung des Konsortiums und die Zusammenarbeit mit öffentlichen Partnern;
- Finanzielle Machbarkeit: Anforderungen an Geschäftsmodelle, Finanzierung und langfristige Nachhaltigkeit.
Die Evaluation der eingereichten Projektideen soll in einem dreistufigen Verfahren durch das EuroHPC JU erfolgen: Zuerst bewerten unabhängige Expert:innen die Vorschläge technisch. Danach führt eine Finanzinstitution eine Due-Diligence-Prüfung zur finanziellen Tragfähigkeit durch. Schließlich entscheidet das EuroHPC JU über die Auswahl und gibt Leitlinien zu Verträgen, Finanzierung und Beschaffung.
Gigafabriken kombiniert öffentliche und private Beiträge. Dabei ist u.a. die Förderung von Investitionsausgaben für die Errichtung und Einrichtung von KI-Fabriken ein Baustein, wobei die Förderung nicht nur auf erhebliche Eigenbeiträge der Unternehmen setzt. Auch Ko-Finanzierung der Mitgliedstaaten, z. B. mit Mitteln aus des Kohäsionsfonds sollen möglich sein. Daneben wird die Europäische Investitionsbank ebenfalls einen Beitrag leisten. In einer Absichtserklärung (Memorandum of Understanding, MoU) verpflichten sich die EIB-Gruppe und die Europäische Kommission, ihre Ressourcen zu bündeln, um Europas Kapazitäten im Bereich Hochleistungsrechnen und KI zu beschleunigen.
Flankiert werden diese europäischen Maßnahmen auf mitgliedstaatlicher Ebene durch die IPCEI AI und IPCEI Compute Infrastructure Continuum (IPCEI CIC), um den steigenden Anforderungen der KI-Modelle gerecht zu werden. Hiermit sollen große europäische Industriemodelle (Foundation Model) entwickelt werden und Unternehmen, insbes. KMU und Start-Ups, der Zugang zu eigenen KI-Lösungen erleichtert werden, wobei gleichzeitig die Unabhängigkeit von US-basierten KI-Modellen erreicht werden soll. Das IPCEI CIC soll dabei die erforderlichen Cloud-Edge Lösungen definieren, um KI noch stärker nutzbar zu machen.
Ausblick
Langfristige Strategien der EU sollen darauf abzielen, KI in unterschiedliche Industrien und gesellschaftliche Bereiche zu integrieren. Dabei setzt die EU vor allem auf die europäische Zusammenarbeit, um den Wissensaustausch zu fördern und globale Standards zu setzen.
Die europäische KI-Förderung legt dafür einen bedeutenden Grundstein für Innovationen und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU.