Gesellschaftsrecht Global Transformations

Objektivere Auswahlkriterien für externe Rechtsberatung: Win-win für Unternehmen und Kanzleien

Studie „Pitch auf Augenhöhe“ von PwC Legal: Fast 50 Prozent der Unternehmen haben Anwalts-Panel / 3 von 4 Unternehmen laden nur ein bis drei externe Kanzleien zum Pitch ein / Der Einkauf wird in der Hälfte der Fälle nicht eingebunden / Unternehmen sollten Auswahl objektivieren und professionalisieren

Frankfurt/Düsseldorf, 21. Oktober 2020

Die Coronakrise verstärkt den Druck auf Rechtsabteilungen von Unternehmen, externe Mandate bei gleichbleibend hoher Qualität günstiger zu vergeben. Gleichzeitig erhöhen immer komplexere Produkte und Dienstleistungen sowie gesetzliche Anforderungen den Bedarf an Rechtsberatung. Außerdem erleichtern es technische Lösungen, Rechtsdienstleistungen objektiv zu bewerten. Die Mandatsvergabe sollte daher noch konsequenter nach objektiven und wirtschaftlichen Kriterien erfolgen. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der Studie „Pitch auf Augenhöhe“, erstellt von der PricewaterhouseCoopers Legal Aktiengesellschaft Rechtsanwaltsgesellschaft (PwC Legal) in Kooperation mit Prof. Dr. Peter Körner, Founder of theprofs. Teilgenommen an der Untersuchung haben 62 deutsche Unternehmen unterschiedlicher Größe aus allen volkswirtschaftlich relevanten Branchen.

Fast 50 Prozent der Unternehmen haben bevorzugte externe Kanzleien

Bei mehr als acht von zehn Unternehmen (84 Prozent) ist die Beauftragung externer Kanzleien Chefsache; das Topmanagement gilt als der stärkste Treiber der Mandatierung. Folglich sind Vorstände bzw. Geschäftsführungen in fast alle Mandatierungen eingebunden (92 Prozent). In mehr als vier von zehn Fällen (42 Prozent) treffen sie auch die Entscheidung über die Mandatsvergabe. Als weitere wichtige Treiber nennen die befragten Entscheider die Unternehmensziele (64 Prozent). Die Beachtung der etablierten Regelungen wie Gesetze oder Betriebsvereinbarungen nennt mit 54 Prozent mehr als die Hälfte der Unternehmen.

Ein weiterer wichtiger Befund der Studie: Anwalts- oder Kanzlei-Panels sind immer stärker verbreitet. So verfügt fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) über „Certified Law Firms“, also eine geprüfte Auswahl an Kanzleien, an die Mandate und Aufträge bevorzugt vergeben werden.

Dr. Simon Dürr, Co-Autor der Studie und Partner in der Global Transformation Group bei PwC Legal, sagt: „Allerdings muss sich nur gut ein Viertel der Unternehmen verbindlich an die Panels halten, in mehr als 70 Prozent der Unternehmen können Mandate freihändig vergeben werden. Unternehmen sichern externen Kanzleien also meist keine Exklusivität zu – und bringen sich damit um Kostenvorteile.“

Einkauf bleibt bei der Mandatierung häufig außen vor

Die Leitungen von Einkauf beziehungsweise Procurement werden noch nicht einmal in jede zweite Mandatierung eingebunden (45 Prozent). Jeder dritte Befragte (34 Prozent) hält dies für unzureichend und fordert, dass der Einkauf bei Beauftragungen oder Kanzlei-Listen mitentscheidet. Dr. Frederic Mirza Khanian, ebenfalls Co-Autor der Studie und Partner in der Global Transformation Group bei PwC Legal, sagt dazu: „Die Zusammenarbeit zwischen Rechtsabteilung und Einkauf ist häufig spannungsgeladen, was aufgrund der unterschiedlichen Interessenslagen zunächst auch nachvollziehbar ist – hohe fachliche Qualität auf der einen, möglichst günstige Angebote auf der anderen Seite. Allerdings wünschen sich viele Studienteilnehmer, den Einkauf stärker in Entscheidungen einzubeziehen. Im Idealfall befruchten sich beide Seiten gegenseitig.“

Referenzen, Ruf und Empfehlungen sind bei der Auswahl entscheidend

Referenzen, Reputation und Empfehlungen durch andere Unternehmen oder Kollegen sind mit Abstand die wichtigsten Kriterien bei der Auswahl externer Rechtsberatungen – sowohl bei der Einladung zum Pitch als auch bei der Auftragsvergabe. So halten rund zwei Drittel (66 Prozent) der befragten Unternehmensentscheider Referenzen für „sehr wichtig“, immerhin noch 27 Prozent für „wichtig“. Fast ebenso häufig nannten die Befragten den Ruf einer Kanzlei (66 Prozent „sehr wichtig“, 25 Prozent „wichtig“). Empfehlungen hielten insgesamt 82,4 Prozent für wichtig oder sehr wichtig. „Referenzen sind für Kanzleien das Verkaufsargument schlechthin. Das wird erstaunlicherweise allerdings selten genutzt“, sagt Frederic Mirza Khanian.

Unternehmen laden meist höchstens drei Kanzleien zum Pitch ein

Die meisten Rechtsabteilungen (47 Prozent) wenden einen dreistufigen Auswahlprozess an: Eine engere Auswahl an Kanzleien wird gebeten, ein Angebot abzugeben („Screening“); anschließend werden einige Kanzleien zur Präsentation ihrer Sozietät und ihres Leistungsspektrums eingeladen („Pitch“), worauf als dritter Schritt die Auswahl erfolgt. Immerhin rund ein Drittel der für die Studie befragten Unternehmen (35 Prozent) fügt mit einem zweiten Auswahlgespräch eine weitere Stufe ein. Drei Viertel der Unternehmen bewerten höchstens drei Kanzleien pro Pitch und listen ebenso viele Panel-Kanzleien pro Rechtsgebiet. „Dass Unternehmen ihren Aufwand mit einer begrenzten Teilnehmerzahl beim Pitch reduzieren wollen, ist nachvollziehbar. Allerdings birgt dieses Vorgehen die Gefahr, unbekanntere, aber leistungsstarke Anbieter gar nicht erst in den Blick zu bekommen“, erläutert Simon Dürr.

Kanzleiauswahl nur in knapp 50 Prozent der Unternehmen objektiv

Meistens ist die Rechtsabteilung in die Mandatierung eingebunden: Mehr als vier von fünf der befragten Unternehmen (84 Prozent) antworteten so. Den Unternehmensjuristen obliegt auch in der Regel die Auswahl der externen Kanzleien für eine künftige Zusammenarbeit in einem Pitch-Verfahren. Aber: Erst in 45 Prozent der Unternehmen ist ein standardisiertes, objektives Auswahlverfahren etabliert. 50 Prozent der Befragten haben noch kein solches Verfahren definiert. Bei immerhin knapp 5 Prozent der Unternehmen sei ein Standard-Pitch-Verfahren in Planung. Die Auswahl mit Hilfe eines Pitch-Prozesses erfolgt am häufigsten (54 Prozent) bei der Vergabe von Großprojekten.

Zusammenfassend meint Simon Dürr: „Je besser die Strukturen und Prozesse – dazu gehören aus Sicht externer Kanzleien eine zentrale Rechtsabteilung und objektive Auswahlkriterien – in Unternehmen sind, desto klarer die Aufgabenbeschreibungen. So können externe Rechtsberater auch bei komplexen Mandaten genauer kalkulieren, was die Effizienz insgesamt erhöhen und wovon beide Seiten profitieren würden.“

Methodik

62 deutsche Unternehmen unterschiedlicher Größe aus allen volkswirtschaftlich relevanten Branchen haben an der Befragung teilgenommen. Rund 40 Prozent der Unternehmen erzielten 2019 einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Euro. Bei fast 35 Prozent lag der Jahresumsatz zwischen einer und 20 Milliarden Euro, bei knapp 25 Prozent lag er darunter.

Über PwC Legal:

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