Kartell-, Vergabe- und Beihilfenrecht

Die Verdoppelung bereits vorhandener Infrastrukturen leistet keinen Beitrag zur regionalen Entwicklung

Verfasst von

Kerstin Rohde

Sachverhalt

Zwei polnisch Gemeinden gründeten gemeinsam eine Flughafenbetreibergesellschaft mit dem Ziel, den Militärflughafen Gdynia-Oksywie in einen Zivilflughafen umzuwandeln. Die Kommission ordnete die damit verbundenen Finanzierung der Betreibergesellschaft und Infrastruktur als rechtswidrige Beihilfe ein (SA. 35388, 26.2.2015). Der Beschluss der Kommission wurde vom EuG in seinem Urteil vom 21.12.2021, T-263/15 RENV bestätigt.

Kriterium des privaten Kapitalgebers

Das Kriterium des privaten Kapitalgebers war aus Sicht der Kommission nicht erfüllt. So hätten u.a. den von Polen vorgelegten Studien zur Rentabilität der Maßnahmen überoptimistische und unrealistische Annahmen zu Grunde gelegen. Der EuG bestätigte dies und wies er vor allem das Vorbringen der Beschwerdeführer zurück, die Kommission hätte

  • die besonderen Eigenschaften der handelnden Gemeinden als öffentliche Einrichtungen berücksichtigen müssen und
  • das Kriterium des privaten Kapitalgebers fehlerhaft angewandt, weil sie u.a. Aspekte der regionalen Entwicklung nicht berücksichtigt habe.

Der EuG wies darauf hin, dass das Kriterium nicht darauf abstellt, ob ein wirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber genauso gehandelt hätte, wie die öffentliche Hand. Es stellt darauf ab, ob er unter ähnlichen Bedingungen einen Beitrag bereitgestellt hätte, der dem der öffentlichen Hand entspricht. Dabei sind ausschließlich Rechte und Pflichten der öffentlichen Hand als privater Wirtschaftsteilnehmer zu berücksichtigen. All diejenigen, die mit ihrer Eigenschaft als öffentliche Gewalt zusammenhängen, sind von der Betrachtung ausgeschlossen. Die besonderen Eigenschaften als öffentliche Einrichtung waren mithin unberücksichtigt zu lassen. Dies gilt auch für die Aspekte der regionalen Entwicklung, die eine öffentliche Angelegenheit seien, die ein privater Kapitalgeber nicht berücksichtigen würde.

Wettbewerbsverzerrung und Geeignetheit der Handelsbeeinträchtigung

Die Kommission entschied ferner, dass die Maßnahmen geeignet seien, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen und drohten den Wettbewerb zu verzerren. Der Flughafen Gdynia stehe im Wettbewerb zu dem in 25 km Entfernung liegenden Flughafen Gdańsk, der in demselben Einzugsgebiet liegt und dasselbe Geschäftsmodell betreibt.

Auch dies wurde vom EuG bestätigt. Er wies insbesondere das Vorbringen der Beschwerdeführer ab, die Kommission solle ihre Bemühungen auf die großen Flughäfen konzentrieren und die kleineren vom Anwendungsbereich des Art. 107 Abs. 1 AEUV ausnehmen. Der EuG wiederholt insoweit u.a. die ständige Rechtsprechung, dass es nicht auf die geringe Größe des betreffenden Unternehmens oder die geringe Höhe der Beihilfe ankommt, sondern darauf, dass die Maßnahme das Unternehmen im Verhältnis zur Konkurrenz stärkt.

Keine Förderung der regionalen Entwicklung gem. Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV

Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die Finanzierung des Flughafens Gdynia nicht dem allgemeinen Interesse der regionalen Entwicklung dient. Es handele sich hierbei bloß um die Verdoppelung einer bereits vorhandenen Infrastruktur, die nicht durch die Nachfrage nach Anbindungs- und Transportmöglichkeiten gerechtfertigt sei. Die Kommission stellte fest, dass der Flughafen Gdańsk, der dasselbe Geschäftsmodell betreibt, nicht ausgelastet ist, sondern noch erhebliche Kapazitätsreserven verfüge und eine gute Anbindung zu Gdynia besteht. Vor dem Hintergrund dieses Sachverhalts wurde auch dies vom EuG bestätigt.