Telekommunikationsmodernisierungsgesetz – neue Regelungen für Verbraucher, Wohnungswirtschaft und Breitbandausbau
Seit mehr als einem Jahr wird die enorme Bedeutung einer flächendeckenden Versorgung mit leistungsstarkem Internet deutlich. Privatpersonen und Unternehmen sind immer mehr auf eine zuverlässige und leistungsfähige digitale Vernetzung angewiesen. Dies zeigen nicht zuletzt die steigenden Zahlen von Beschäftigten, die ihrem Beruf aus dem Homeoffice nachgehen.
Einen wesentlichen Beitrag hin zur zuverlässigen und leistungsfähigen digitalen Vernetzung hat der Gesetzgeber durch die Verabschiedung des Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKModG) geleistet. Das zum 1. Dezember 2021 in Kraft tretende TKModG wird das Telekommunikationsgesetz (TKG) in weiten Teilen erneuern. Auswirkungen hat das TKModG insbesondere für Verbraucher, die Förderung des Breitbandausbaus und die Wohnungswirtschaft.
I. Zielstellung des TKModG
Mit dem TKModG verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, eine flächendeckende und angemessene Telekommunikationsinfrastruktur für alle Nutzer bereitzustellen. Es soll Impulse für einen schnelleren und flächendeckenden Ausbau von Gigabitnetzen setzen. Den Nutzern von Telekommunikationsdiensten sollen durch die ausgebaute Telekommunikationsinfrastruktur größtmögliche Vorteile im Hinblick auf Auswahl, Preis, und Qualität von Telekommunikationsdienstleistungen entstehen. Die flächendeckende Versorgung soll gleichwertig im städtischen und ländlichen Raum gewährleistet werden. Dieses Ziel soll nicht zuletzt durch die Förderung eines chancengleichen und infrastrukturorientierten Wettbewerbs auf dem Telekommunikationsmarkt erreicht werden. Die dafür verwendeten Regulierungsgrundsätze werden von der BNetzA daraufhin überwacht, dass sie transparent, nicht-diskriminierend und verhältnismäßig sind.
II. Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten
Erstmals besteht ab dem Inkrafttreten des TKModG ein genereller Anspruch auf die Versorgung mit einem schnellen Internetzugangsdienst (§156 TKG). Der Gesetzgeber beabsichtigt mit diesem Anspruch, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Teilhabe aller Bürger zu ermöglichen. Jedem sollen zukünftig Sprachkommunikationsdienste sowie ein schneller Internetzugangsdienst für eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe zur Verfügung stehen.
Die BNetzA wird die Versorgung der Endkunden mit Telekommunikationsdienstleistungen überwachen. Wenn festgestellt wird, dass eine Versorgung mit Telekommunikationsdiensten in einem Gebiet zu erschwinglichen Preisen nicht angeboten wird, soll versucht werden, eine Erschließung mithilfe des Instruments der Breitbandförderung zu erreichen. In diesem Verfahren können sich Unternehmen freiwillig zur Erbringung von Telekommunikationsdiensten verpflichten. Sofern sich kein freiwilliges Unternehmen für die Versorgung unterversorgter Gebiete findet, kann die BNetzA ein oder mehrere Unternehmen nach vorangegangener Anhörung innerhalb einer bestimmten Frist zu Erbringung von Telekommunikationsdiensten in dem Gebiet verpflichten. Diese Verpflichtung von Unternehmen soll aber nur das letzte Mittel (ultima ratio) zur Sicherstellung der Versorgung mit Telekommunikationsdiensten sein. Die Endnutzer in dem umfassten Gebiet haben gegenüber den verpflichteten Unternehmen einen Anspruch auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten.
III. Wegerecht
Die Gesetzesnovelle stellt bezüglich der Wegerechte klar, dass zukünftig Trenching/mindertiefe Verlegungen grundsätzlich nicht mehr vom zuständigen Wegebaulastträger verhindert werden können. Voraussetzung dafür ist, dass der Antragsteller die Kosten, die entweder durch eine mögliche wesentliche Beeinträchtigung des Schutzniveaus oder durch den möglicherweise höheren Erhaltungsaufwand entstehen, übernimmt.
Die zum Teil unklare Rechtssituation zum Umgang mit unvollständig eingereichten Anträgen zur Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien wird durch die Gesetzesnovelle aufgenommen. Der Gesetzgeber hat nämlich den Umgang mit unvollständig eingereichten Anträgen weiter ausdifferenziert. Der zuständige Wegebaulastträger kann die Zustimmungsfiktion nur dann beeinflussen, wenn er innerhalb des ersten Monats ab Antragseingang den Antragsteller auf seinen unvollständigen Antrag in Textform hinweist. Andernfalls greift die 3-monatige Zustimmungsfiktion (§ 127 Abs. 3 TKG).
Ganz im Zeichen der Vereinfachung und Beschleunigung des Breitbandausbaus steht die Möglichkeit, dass der zuständige Wegebaulastträger für „geringfügige bauliche Maßnahmen“ ebenfalls die Zustimmungsfiktion greifen lassen kann. Notwendig ist hier lediglich, dass das jeweilige Landesbaurecht vorgibt, wann „geringfügige bauliche Maßnahmen“ vorliegen.
IV. Wesentliche Änderungen für den geförderten Breitbandausbau und offener Zugang zu geförderten Telekommunikationsnetzen
Zukünftig sollen den Förderrichtliniengeber festlegen können, dass privatwirtschaftliche Ausbauabsichten innerhalb eines Markterkundungsverfahrens verbindlich abzugeben sind. Die Ausbauzusagen privater Unternehmen können in diesem Fall nur dann berücksichtigt werden, wenn sich die Unternehmen gegenüber der Gebietskörperschaft oder dem Zuwendungsgeber vertraglich verpflichten, den gemeldeten privatwirtschaftlichen Ausbau vorzunehmen (§ 155 Abs. 5 TKG). Mit dieser Regelung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, dass den Ausbauzusagen im Markterkundungsverfahren eine höhere Verbindlichkeit zukommt und dass die Fördermaßnahmen nicht durch unbedachte Angaben verzögert wird. Ein weiteres Ziel ist es, dass missbräuchliches Verhalten im Rahmen des Markterkundungsverfahrens verhindert wird.
Die Gesetzesnovelle zielt auch auf den Schutz von Investitionen ab. Informationen über Bauarbeiten an öffentlichen Versorgungsnetzen müssen nur noch für Netze mit sehr hoher Kapazität erteilt werden. Darüber hinaus wird es zukünftig einen Überbauschutz im Zusammenhang mit der Koordinierung von Bauarbeiten geben. Dies wird dadurch erreicht, dass vom Gesetz nur noch ein „geringfügiger Überbau“ gebilligt wird, denn über das Maß eines „geringfügigen Überbaus“ hinausgehende Koordinierungen würden dem Hauptzweck öffentlich finanzierten Bauarbeiten ganz oder überwiegend beeinträchtigen.
V. Wesentliche Änderungen für die Wohnungswirtschaft
Ab dem 1. Juli 2024 werden die Vermieter von den bisher umlegbaren Kosten einer häuslichen Verteileranlage nur noch die Stromkosten der Verteileranlage auf die Mieter umlegen können. Stattdessen wird ein sog. „Glasfaserbereitstellungsentgelt“ auf die Mieter umlagefähig sein. Dieses werden die Telekommunikationsunternehmen und die Eigentümer untereinander vereinbaren können (§ 72 TKG). Die Kosten für das Glasfaserbereitstellungsentgelt dürfen im Jahr höchstens 60 Euro und insgesamt höchstens 540 Euro je Wohneinheit betragen. Im Regelfall soll es für 5 Jahre, höchstens für 9 Jahre, erhoben werden dürfen.
Stellt der Vermieter den Mietern im Rahmen des Mietverhältnisses Telekommunikationsdienste zur Verfügung und rechnet diese im Rahmen der Kostenumlage ab, so kann der Mieter die Inanspruchnahme dieser Telekommunikationsdienste ab dem 1. Juli 2024 innerhalb eines Monats kündigen (§ 56 Abs. 3 TKG). Den Mietern steht dieses Kündigungsrecht zu, wenn das Mietverhältnis bereits 24 Monate besteht und sie Verbraucher sind. (§ 71 Abs. 2 S. 3 TKG i. V. m. § 230 Abs. 4 TKG).
Wenn gebäudeinterne Netzinfrastruktur durch ein Unternehmen mitgenutzt wird, sollen Eigentümer und Betreiber einer mitgenutzten gebäudeinternen Netzinfrastruktur die Möglichkeit haben, ihre Kosten zu decken. Dafür werden die zusätzlichen Kosten berücksichtigt, die für den zugangsverpflichteten Eigentümer oder Netzbetreiber entstehen. Ist die gebäudeinterne Netzinfrastruktur nach dem Inkrafttreten des TKModG errichtet worden, so werden darüber hinaus auch die Folgen für den jeweiligen Geschäftsplan einschließlich der Investitionen in das mitgenutzte öffentliche Telekommunikationsnetz und deren angemessene Verzinsung berücksichtigt. Dies gilt nicht, sofern das Glasfasernetz von einem Unternehmen errichtet wurde, das mit dem Gebäudeeigentümer konzernverbunden ist (§ 149 TKG).
VI. Erste Einschätzung der Neuregelungen und welche Vorkehrungen zu treffen sind
Das TKModG setzt definitiv einige neue Impulse mit hoher Relevanz für die Praxis. Verbindliche Aussagen im Markterkundungsverfahren schaffen für die Fördermittelgeber grundsätzlich Planungssicherheit. Angesichts der Komplexität von Ausbauvorhaben und dynamischer wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen stellen diese verbindlichen Ausbauvorhaben die Unternehmen jedoch vor möglicherweise große Risiken.
Ob die Abschaffung der Umlagefähigkeit fast aller Betriebskosten und die Einführung des Glasfaserbereitstellungsentgelts einen entscheidenden Impuls für den Glasfaserausbau setzt, bleibt abzuwarten. Möglicherweise ergibt sich aus dieser Neuregelung, dass viele Versorgungsverträge nachverhandelt oder neuausgeschrieben werden. Da die Regelung bereits zum 1. Juli 2024 in Kraft tritt, könnte sich der Glasfaserausbau insofern sogar verzögern. Die mit dem Glasfaserbereitstellungsentgelt verbundenen entgeltlichen, zeitlichen und vertraglichen Beschränkungen könnte ein Grund sein, dass Glasfaserbereitstellungsentgelt nicht zu vereinbaren.
Mit Blick auf die kommunale sowie private Wohnungswirtschaft wird zu beobachten sein, ob Privathaushalte wegen der Gesetzesnovelle tatsächlich höhere Kosten entstehen. Jedenfalls werden sich die gesamte Wohnungswirtschaft weitaus zeitiger mit den Themen der potenziellen Refinanzierung von Glasfasernetzen auseinandersetzen müssen. Insbesondere Wohnungswirtschaften, die ebenfalls auf dem Gebiet multimedialer Dienste tätig sind, müssen sich entsprechende Gedanken machen und nachhaltige Lösungen finden.