Staatliche Beihilfen: Kommission hat die Regionalbeihilfeleitlinien überarbeitet und will Stellungnahmen einholen
Die Kommission hat am 23.07.2020 eine öffentliche Konsultation eingeleitet, um Stellungnahmen aller interessierten Kreise zum Entwurf der überarbeiteten EU-Leitlinien für Regionalbeihilfen („Regionalbeihilfeleitlinien“) einzuholen. Der Entwurf der überarbeiteten Regionalbeihilfeleitlinien legt dabei insbesondere einen Fokus darauf, den europäischen Grünen Deal und die Digitalstrategie der EU mit einzubeziehen sowie eine Vereinfachung der Verfahrensvorschriften herbeizuführen.
Im Zuge dieser Überarbeitung wurden die geltenden Leitlinien, die eigentlich Ende dieses Jahres auslaufen sollten, im Interesse der Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit während der Überarbeitung bis Ende 2021 verlängert.
Regionalbeihilfeleitlinien
Hinsichtlich der wichtigsten wirtschaftlichen Parameter, wie dem Einkommen und der Arbeitslosigkeit, bestehen innerhalb der EU bereits seit langem regionale Ungleichheiten. Um dem entgegenzuwirken bieten die Regionalbeihilfeleitlinien eine Möglichkeit für Mitgliedsstaaten die wirtschaftliche Entwicklung von benachteiligten Gebieten in der EU voran zu bringen und gleiche Wettbewerbsbedingungen in den Mitgliedstaaten zu wahren. Regionalbeihilfen sind daher ein wichtiges Instrument der Mitgliedstaaten zur Stärkung der regionalen Entwicklung.
In den Regionalbeihilfeleitlinien sind die Voraussetzungen geregelt, unter denen Regionalbeihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar erachtet werden können. Weiterhin legen die Regionalbeihilferichtlinien auch die Kriterien fest, anhand deren festgestellt werden kann, ob ein Gebiet die Voraussetzungen des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe a oder c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erfüllt. Daher enthalten die Regionalbeihilfeleitlinien auch Vorschriften, nach denen die Mitgliedstaaten Fördergebietskarten aufstellen können, um die Gebiete auszuweisen, in denen Unternehmen Regionalbeihilfen erhalten können (die sogenannten Fördergebiete), und um festzulegen, in welcher Höhe (Intensität) diese Beihilfen gewährt werden dürfen.
Überarbeitung der Regionalbeihilfeleitlinien
Die Überarbeitung der geltenden Regionalbeihilfeleitlinien erfolgt im Rahmen einer Eignungsprüfung, mit der die EU Kommission feststellen will, ob die 2012 angenommen Rechtsvorschriften zur Modernisierung des EU-Beihilferechts noch zweckmäßig sind. Die Eignungsprüfung kam vor Kurzem zu dem Ergebnis, dass die geltenden Regionalbeihilfeleitlinien grundsätzlich gute Ergebnisse liefern. Der nun veröffentlichte Entwurf der überarbeiteten Leitlinien berücksichtigt daher die Schlussfolgerungen aus der Eignungsprüfung sowie auch die Erkenntnisse aus der Anwendung der geltenden Leitlinien.
Der Entwurf der überarbeiteten Leitlinien zielt insbesondere darauf ab, die Ziele aus dem europäischen Grünen Deal und der neuen Industrie- und Digitalstrategie der EU auch im Beihilfenrecht umzusetzen. Dies spiegelt sich erstens im Anwendungsbereich der überarbeiteten Regionalbeihilfeleitlinien wider, aus dem die Leitlinien nun die Produktion von Kohle und Braunkohle ausschließen. Zweitens zeigt sich dies auch darin, dass der europäische Grüne Deal explizit als ein Ziel von gemeinsamem Interesse genannt wird. Schließlich wird dies auch dadurch deutlich, dass der Entwurf eine Erhöhung der Beihilfehöchstintensitäten vorsieht, da der doppelte Übergang in Richtung einer digitalen und nachhaltigen Industrie einen hohen Investitionsbedarf mit sich bringt. Jedoch spielen bei dieser Erhöhung natürlich auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Krise eine Rolle, für deren Ausgleich den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum ermöglicht werden soll, um Anreize in den benachteiligten Gebieten setzen zu können.
Weiterhin ändert der Entwurf der Leitlinien die Regelungen hinsichtlich der beihilfefähigen Kosten. Strukturell wird der Abschnitt von den Regelungen über die Verhältnismäßigkeit der Beihilfebeträge getrennt und als eigener Abschnitt vorgezogen. Inhaltlich müssen nun bei Berechnung der beihilfefähigen Kosten anhand der Lohnkosten strengere Voraussetzungen erfüllt werden. So müssen beispielsweise die vorgesehenen Stellen binnen eines Jahres nach Abschluss der Arbeiten besetzt werden, wenn die beihilfefähigen Kosten anhand der Lohnkosten berechnet werden.
Der Entwurf sieht außerdem folgende weitere Veränderungen vor:
- die Einführung einer Legaldefinition des Begriffs der Standortverlagerung, die mit der Legaldefinition des Begriffs in der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung gleichläuft,
- die Einführung eines Drei-Stufen-Tests zur beihilferechtlichen Würdigung einer Einzelbeihilfe (Einhaltung der Mindeststandards, Vermeidung übermäßiger negativer Effekte, sog. „Blacklist“, und Überwiegen der positiven Effekte),
- eine Neugliederung des Abschnitts über Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten und
- Verfahrensvereinfachungen für Beihilfen in Gebieten eines gerechten Übergangs vor.
Das weitere Konsultationsverfahren
Bis zum 30. September 2020 können Beiträge zur Konsultation übermittelt werden. Insbesondere interessieren die EU Kommission Stellungnahmen zur Frage, ob zusätzliche Maßnahmen der Beihilfenkontrolle mit klaren und objektiven Kriterien die Verwirklichung der Ziele des Grünen Deals unterstützen könnten. Weiterhin wird es kurz vor Ende des Konsultationszeitraums auch auf einem Treffen von Vertretern der Kommission und der Mitgliedstaaten geben, auf dem die dringendsten Fragen erörtert werden sollen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Mitgliedstaaten und die Interessenträger ausreichend Gelegenheit haben, sich zu dem Entwurf des Kommissionsvorschlags zu äußern. Die Annahme der neuen Leitlinien ist für Anfang 2021 vorgesehen, während die neuen Fördergebietskarten ab 2022 gelten werden. Durch diese weitere Planung soll garantiert werden, dass die Mitgliedstaaten genügend Zeit für die Vorbereitung und Anmeldung ihrer Fördergebietskarten haben.