Notgeschäftsführerbestellung durch den Alleingesellschafter
Das OLG Celle entschied mit Beschluss vom 10. März 2025 (Az. 9 W 22/25), dass die Bestellung eines Notgeschäftsführers auch dann nicht erforderlich ist, wenn der zuständige Aufsichtsrat nicht willens oder in der Lage ist, einen Geschäftsführer zu bestellen. In diesem Fall könne der Alleingesellschafter weiterhin die Bestellung eines Geschäftsführers vornehmen.
Entscheidung des OLG Celle – 9 W 22/25
An einer GmbH & Co. KGaA war eine Kommanditaktionärin beteiligt. An der Komplementärin wiederum war ein eingetragener Verein der alleinige Gesellschafter. Die GmbH & Co. KGaA betreibt eine Profifußballmannschaft. Damit für die kommende Fußballsaison der Spielbetrieb der Fußballmannschaft gesichert ist, beantragte die Kommanditaktionärin vor dem zuständigen Amtsgericht einen Notgeschäftsführer einzusetzen.
In ihrer Begründung machte die Kommanditaktionärin im Wesentlichen geltend, dass nach der Abberufung des Geschäftsführers die GmbH & Co. KGaA nicht mehr in der Lage sei, über den fakultativen Aufsichtsrat, der nach dem Gesellschaftsvertrag für die Bestellung des Geschäftsführers zuständig gewesen ist, sich auf einen neuen Geschäftsführer zu einigen. Da die Abgabefrist der Lizenzunterlagen für die neue Fußballsaison abzulaufen drohte, begehrte die Kommanditaktionärin vor dem zuständigen Amtsgericht die Bestellung eines Notgeschäftsführers.
Zunächst wies das zuständige Amtsgericht den Antrag mit der Begründung zurück, dass ein dringlicher Fall für die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers nicht vorliegen würde. Der Aufsichtsrat sei besetzt und in der Lage, einen Geschäftsführer zu bestellen. Es sei nicht die Aufgabe des Registergerichts, interne Streitigkeiten der Gesellschaft zu schlichten.
Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Kommanditaktionärin, der das Registergericht nicht abgeholfen hat, weshalb das OLG Celle zu entscheiden hatte.
Das OLG Celle führte aus, dass die Beschwerde unbegründet sei. Die Gesellschaft sei selbst dann, wenn sich der Aufsichtsrat nicht über die Bestellung eines Geschäftsführers einigen könne, ohne Eingreifen des Registergerichts in der Lage, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Denn es wäre durchaus möglich gewesen, einen entsprechenden Bestellungsbeschluss des Alleingesellschafters der Komplementärin herbeizuführen, wenn der grundsätzlich nach dem Gesellschaftsvertrag zuständige Aufsichtsrat nicht willens oder in der Lage ist, einen Geschäftsführer zu bestellen.
Hinzu kommt, dass der Kommanditaktionärin als Nichtgesellschafterin der Komplementärin keine Möglichkeiten zustünden, eine Einsetzung eines Notgeschäftsführers zu verlangen. Auch sei der Alleingesellschafter der Komplementärin willens, einen Geschäftsführer zu bestellen, weshalb auch aus diesem Grund die Kommanditaktionärin nicht mittels einer Notmaßnahme eine Geschäftsführerbestellung erzwingen kann.
Praxishinweis
Die Ausführungen des OLG Celle zeigen deutlich, dass primär die gesellschaftsvertraglich getroffenen Regelungen hinsichtlich der Bestellung eines Geschäftsführers zu beachten sind. Die Bestellung eines Notgeschäftsführers durch das Gericht kommt erst dann in Betracht, wenn die gesellschaftsvertraglichen Möglichkeiten komplett versagen. In dem vorliegend zu entscheidenden Fall hatte der Alleingesellschafter der Komplementärin weiterhin die Möglichkeit, einen Geschäftsführer zu bestellen und war demnach nicht auf den fakultativen Aufsichtsrat angewiesen.
Der durch das OLG Celle entschiedene Fall führt anschaulich vor Augen, dass die gesellschaftsrechtlichen Verträge und Kompetenzen, insbesondere wenn ein fakultativer Aufsichtsrat implementiert ist, genau geprüft und die sich daraus ergebenen Risiken betrachtet werden müssen. Sind die Kompetenzen sowie Zuständigkeiten nicht austariert, besteht das erhebliche rechtliche Risiko, dass es zu einer Pattsituation oder sogar zu einer Blockadehaltung einzelner Akteure kommt, die dann die Existenz der Gesellschaft gefährden können. Denn selbst in einer kritischen Situation springt ein Gericht nicht automatisch ein, um die Streitigkeiten zu schlichten.