Gesellschaftsrecht

Kommt jetzt die verpflichtende Frauenquote für den Vorstand?

Verfasst von

Dr. Thomas Wenninger, LL.M. (GWU)

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey plant eine Verschärfung der sog. „Frauenquote“. Bei börsennotierten Unternehmen, die über mehr als 2.000 Mitarbeiter und einen mindestens vierköpfigen Vorstand verfügen, soll dem Vorstand künftig mindestens eine Frau angehören. Außerdem soll die verpflichtende Frauenquote im Aufsichtsrat, die bisher nur für börsennotierte Unternehmen mit paritätisch mitbestimmtem Aufsichtsrat gilt, auf weitere Unternehmen ausgeweitet werden.

Hintergrund

Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Beispielsweise betrug der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der DAX 30-Unternehmen im Jahr 2019 in der Gesamtschau 35,4 Prozent (2014: 24,7 Prozent).

Der Zuwachs ist nicht zuletzt auf die verpflichtende Frauenquote zurückzuführen, die durch das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24. April 2015 eingeführt wurde.

Der Frauenanteil im Vorstand hinkt den Zahlen beim Aufsichtsrat indes hinterher. Im Jahr 2019 verfügten etwa die Vorstände der DAX 30-Unternehmen durchschnittlich über einen Frauenanteil von lediglich 14,7 Prozent.

Aktuelle Gesetzeslage

Bereits heute sind börsennotierte Unternehmen mit paritätisch besetztem Aufsichtsrat verpflichtet, im Aufsichtsrat einen Frauenanteil von mindestens 30 Prozent einzuhalten, und zwar gegebenenfalls sowohl auf der Arbeitnehmer- als auch auf der Arbeitgeberbank (vgl. § 96 Abs. 2 AktG).

Für die Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen (und sei es auch nur nach dem Drittelbeteiligungsgesetz), gilt derzeit dagegen noch eine mildere Regelung. Die Aufsichtsräte dieser Unternehmen sind lediglich verpflichtet, Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat festzulegen, wobei die Zielgröße auch null sein kann (vgl. § 111 Abs. 5 AktG).

Außerdem müssen die Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, Zielgrößen für den Frauenanteil im Vorstand und den ersten beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands festsetzen. Auch hier kann die Zielgröße wiederum jeweils null sein (vgl. §§ 76 Abs. 4, 111 Abs. 5 AktG).

Ein Verfehlen der autonom festgelegten Zielgrößen ist für die betroffenen Unternehmen mit keiner „harten“ rechtlichen Sanktion verbunden. Gleichwohl haben sich rund 70 Prozent der Unternehmen, die eine entsprechende Quote festsetzen müssen, bis heute für eine Zielgröße von Null entschieden.

Reformvorschlag der Bundesfamilienministerin

Offensichtlich ist dieser Befund aus Sicht der Bundesfamilienministerin unbefriedigend. Um den Frauenanteil in den Vorstands- und Aufsichtsratsetagen nachhaltig zu erhöhen, plant die Bundesfamilienministerin dem Vernehmen nach, folgende Neuregelungen:

  • Börsennotierte Unternehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitenden und mindestens vier Sitzen im Vorstand sollen künftig mindestens einen Vorstandssitz mit einer Frau besetzen müssen.
  • Die gesetzliche Verpflichtung, dass der Aufsichtsrat zu mindestens 30 Prozent mit Frauen besetzt sein muss, soll auf weitere Unternehmen ausgeweitet werden.
  • Soweit Unternehmen verpflichtet sind, Zielgrößen für den Frauenanteil im Vorstand und den ersten beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands festzulegen, soll eine Zielgröße von null künftig nur noch mit stichhaltiger Begründung zulässig sein.
  • Unternehmen, die entgegen der gesetzlichen Verpflichtung keine Zielgröße für den Frauenanteil im Vorstand festlegen oder aber ohne ausreichende Begründung eine Zielgröße auf null setzen, sollen mit empfindlichen Bußgeldern belegt werden können.

Die Bundesfamilienministerin hat einen entsprechenden Gesetzesvorschlag ausgearbeitet, der z.Zt. dem Bundeskanzleramt zur Prüfung vorliegt.

Ausblick

Aus Sicht der Bundesfamilienministerin sind die bisher geltenden Regelungen zur Frauenquote offenbar weitgehend ein zahnloser Tiger. Dabei ist offensichtlich, dass es Frau Giffey nicht nur um weibliche Top-Executives geht, sondern dass sie sich von einem höheren Frauenanteil in Vorstand und Aufsichtsrat einen Kulturwandel hin zu mehr Gleichstellung im gesamten Unternehmen verspricht.

Tatsächlich tun sich Unternehmen bestimmter Branchen, wie z.B. im Maschinenbau, mitunter noch schwer, geeignete Kandidatinnen zu finden. Im Ergebnis wird es darauf ankommen, die richtige Balance zwischen gesellschaftspolitischen Vorstellungen und wirtschaftlichen Realitäten zu finden. Die Vorschläge der Bundesfamilienministerin dürften darum wohl eher nicht kurzfristig eins zu eins umgesetzt werden. Das sollte jedenfalls für die laufende Legislaturperiode gelten.

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