KMMV: Konkretisierung der Insider-Mitteilungspflichten
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Autoren dieses Beitrags sind Michael Huertas, Hagen Weiss und Maximilian Kunz.
Kurzüberblick
Die Kryptomärkte-MitteilungsverordnungVerfügbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/kmmv/index.htmlShow Footnote (KMMV) ist auf Grundlage der Verordnungsermächtigung der BaFin am 28. August 2025 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und ist am 29. August 2025 in Kraft getreten. Am 18. September hat die BaFin auf ihrer Website die Mitteilung zur KMMW veröffentlicht.Verfügbar unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Meldung/2025/neu/meldung_2025_09_18_kryptomaerktemitteilungs-verordnung_kmmv.htmlShow Footnote
Durch die KMMV konkretisiert die BaFin, mit welchem Inhalt und in welcher Art und Weise Emittenten, Anbieter von Krypto-Assets und sonstige Marktteilnehmer Insiderinformationen nach § 36 KryptomärkteaufsichtsgesetzVerfügbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/kmag/Show Footnote (KMAG) veröffentlichen und an die Aufsicht melden müssen. Die KMMV fügt sich in den europäischen Rechtsrahmen ein und dient der weiteren Umsetzung des KMAG, die sowohl die Verordnung (EU) 2023/1114Verfügbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32023R1114Show Footnote (MiCAR) als auch der nach ihr erlassenen technischen Durchführungsstandards in den deutschen Rechts-, Regulierungs- und Aufsichtsrahmen umsetzt.
Zentrale Erkenntnisse
Der Fokus der KMMV liegt insbesondere auf der operativen Umsetzung der Anforderungen des KMAG und der MiCAR im Hinblick auf Insiderinformationen in nationales Recht. Im Rahmen des Anwendungsbereichs verweist die KMMV ausdrücklich auf die Durchführungsverordnung (EU) 2024/2861Verfügbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=OJ:L_202402861Show Footnote, die den technischen Rahmen für die Offenlegung und den Aufschub unter MiCAR festlegt. Damit bildet die KMMV die Schnittstelle zwischen nationaler Aufsichtsmitteilung und unionsrechtlichen Vorgaben.
Die KMMV konkretisiert durch § 2 den Inhalt für Mitteilungen von Insiderinformationen für Emittenten, Anbieter oder Antragsstellern nach § 36 Absatz 1 KMAG an die BaFin. Dabei muss der Wortlaut, der Zeitpunkt und die konkreten Medienkanäle der Veröffentlichung nach Artikel 88 Absatz 1 MiCAR sowie eine erreichbare Ansprechperson beim Emittenten, Anbieter oder Antragsteller mit Telefonnummer und E-Mail-Adresse angegeben werden. Eine reine Verweis-Mitteilung ohne vollständigen Veröffentlichungstext genügt damit nicht; zugleich wird die unmittelbare Erreichbarkeit der verantwortlichen Stelle rechtlich fixiert.
Hinsichtlich der Art und Weise der Übermittlung im Sinne des Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Durchführungsverordnung (EU) 2024/2861 legt § 3 KMMV fest, dass jede Mitteilung in elektronischer Form über eine von der BaFin auf ihrer Website bekanntgegebenen Weg zu übermitteln ist. Zudem kann die BaFin die Nutzung ihres Melde- und Veröffentlichungssystems verlangen. In der Praxis bedeutet dies die Nutzung des BaFin-Portals bzw. der freigeschalteten Meldekanäle.
Über § 4 Absatz 1 KMMV werden hinsichtlich der Aufschubmitteilung nach Artikel 88 Abs. 3 MiCAR ergänzend zu den Vorschriften der Durchführungsverordnung weitreichendere Angaben gefordert. Zu den Mindestvorgaben der Durchführungsverordnung kommen folgende zu leistende Angaben hinzu: Alle Zeitpunkte, zu denen der Fortbestand der Gründe für den Aufschub überprüft wurde, Vor- und Familiennamen sowie die Geschäftsanschriften, dienstliche Telefonnummern und E-Mail-Adressen aller Personen, die an der Entscheidung über den Aufschub beteiligt waren. Diese Zusatzangaben erhöhen die Nachvollziehbarkeit der internen Entscheidungsfindung und den Audit-Trail.
Die BaFin betont in ihrer Veröffentlichung vom 18. September 2025 nochmals, dass die KMMV bestehende MiCAR-Pflichten spezifiziert und sowohl den Inhalt als auch die Art der Übermittlung und die Fälle des Aufschubs adressiert. Für alle Adressaten gilt damit das Prinzip unverzüglicher Offenlegung und parallel unverzüglicher Mitteilung an die Aufsicht mit eindeutiger elektronischer Zustellung.
Zentrale Überlegungen für Unternehmen
Für Finanzdienstleister und andere MiCAR-relevante Unternehmen liegt die größte praktische Bedeutung in der Standardisierung von Disclosure- und Delay-Prozessen. Der Pflichtinhalt nach § 2 KMMV verlangt, dass der veröffentlichte Wortlaut komplett vorliegt und die konkreten Kanäle benannt werden. Wer bislang nur auf eine Web-URL verwies, muss künftig sicherstellen, dass Wortlaut, Zeitstempel und Kanalwahl dokumentiert und in die BaFin-Mitteilung übernommen werden. Das erfordert eine enge Zusammenarbeit der Bereiche Legal, Communications, IT und gegebenenfalls Investor Relations.
§ 3 Satz 2 KMMV gibt der BaFin die Möglichkeit, den Übermittlungsweg festzulegen und die Nutzung ihres Melde- und Veröffentlichungssystems zu verlangen. Die vorgesehenen elektronische Übermittlungsweg sind zu nutzen und notwendige technische Voraussetzungen sollten rechtzeitig geschaffen werden. Unternehmen sollten ihre Schnittstellen, Tests und Fallbacks definieren, einschließlich klarer Vorgehensweisen für Systemstörungen. Wer bereits über Prozesse aus dem Ad-hoc-Bereich nach der EU-MarktmissbrauchsverordnungVerfügbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32014R0596Show Footnote (MAR) verfügt, kann diese Vorlagen adaptieren, muss jedoch die KMMV-spezifischen Angaben beachten.
Ein besonderes Augenmerk liegt mit Blick auf Governance, Dokumentation und Datenschutz auf dem Regelungsgehalt von § 4 Absatz 1 KMMV. Der dort geregelte Mindestinhalt für Aufschub-Mitteilung geht dabei über die Vorschriften der Durchführungsverordnung in ergänzender Weise hinaus. Die Benachrichtigung an die Aufsicht muss jedenfalls die in Artikel 3 Absatz 2 Durchführungsverordnung (EU) 2024/2861 genannten Angaben enthalten, einschließlich der „offengelegten Insiderinformation“ (Titel/Referenz, Datum/Uhrzeit der Offenlegung), der Identität des Emittenten und der meldenden Person, der Kontaktstelle sowie des Zeitpunkts der Aufschubentscheidung und der Funktion der Entscheidungsträger.
Wesentliche Unterschiede zu dem im November 2024 veröffentlichten Konsultationsentwurf und der endgültigen Fassung liegen weniger in inhaltlichen Neuregelungen als in der rechtstechnischen Finalisierung. Der Entwurf enthielt bereits die Kernelemente der nun verabschiedeten Verordnung. Gegenüber dem Entwurf wurden Verweise und Begriffe aus dem Gesetzgebungsverfahren in die endgültigen Verweise des KMAG und der BaFinBefugVVerfügbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bafinbefugv/Show Footnote überführt. Die Intention bleibt konstant: Die BaFin nutzt die Verordnungsbefugnis, um die Durchführungsverordnung (EU) 2024/2861 durch zusätzliche Transparenzpunkte zu ergänzen.
Im Konsultationsverfahren wurde unter anderem angeregt, die Öffnungsklausel in Artikel 88 Absatz 3 Satz 2 MiCAR zu nutzen, nach der die Erläuterung zur Erfüllung der materiellen Aufschubvoraussetzungen nur auf Ersuchen der Behörde zu übermitteln wäre. Der Bundesverband der Wertpapierfirmen hat diese Entlastungsoption ausdrücklich befürwortet. Die finale KMMV hält daran jedoch nicht fest. Sie verlangt die Angaben nach § 4 KMMV bereits mit der Aufschubmitteilung. Das bestätigt den nationalen Willen zu höherer Dokumentationsdichte und unmittelbarer Prüfbarkeit.
Durch die KMMV besteht nun für nach der MiCAR verpflichteten Emittenten, Anbieter und Antragssteller Rechtssicherheit dahingehend welche Angaben sie, wann und in welcher Art und Weise an die BaFin übermitteln müssen, was Interpretationsspielräume reduziert und damit auch das Risiko von Sanktionsverfahren reduziert. Die Pflicht zur Angabe sämtlicher Prüfzeitpunkte des Aufschubs fordert ein lückenloses Protokoll darüber, wann die Voraussetzungen des Aufschubs erneut bewertet wurden. Die Pflicht zur Nennung aller an der Entscheidung beteiligten Personen, einschließlich Kontaktangaben, setzt eine eindeutige Rollenverteilung und eine fortlaufend gepflegte Responsibility-Assignment-Matrix voraus. Verpflichtete Unternehmen sollten prüfen, ob ihre internen Richtlinien zu Insider-Definition, Eskalation, Vertraulichkeitswahrung und Protokollierung diese granularen Anforderungen bereits abbilden.
Für die tägliche Umsetzung sollten Unternehmen die Einführung eines Disclosure- und Delay-Playbook mit den folgenden drei Bausteinen in Betracht ziehen:
- Ein Entscheidungsbaum, der die Schwelle von Insiderinformation unter MiCAR und die Kriterien des Aufschubs abbildet;
- Operative Templates für Sofort-Disclosure und Aufschub-Mitteilung, die die Pflichtfelder aus § 2 und § 4 KMMV bereits enthalten; und
- Ein Protokollstandard, der Zeitpunkte, Prüfschritte und beteiligte Personen revisionsfest sichert und der die konsistente Kommunikation an die BaFin mit den technischen Vorgaben der Durchführungsverordnung (EU) 2024/2861 verzahnt.
Ausblick
In der Anfangsphase ist mit weiteren behördlichen Hinweisen zu rechnen. Denkbar sind FAQs oder Merkblätter, die Formate, Fristen und Einzelfälle weiter präzisieren. Künftig wird sich die Aufsichtspraxis die Erwartungen an Konsistenz, Vollständigkeit und Timelines weiter schärfen. Die BaFin erhält standardisierte Daten in Echtzeit und kann dadurch schneller Auffälligkeiten entdecken. Dadurch steigt für verpflichtete Unternehmen das Bußgeld- und Reputationsrisiko bei fehlenden oder verspäteten Meldungen.
Angesichts der Zusatzanforderungen der KMMV empfiehlt es sich für viele Unternehmen zeitnah einen Gap-Check sowie einen Probelauf der Systeme und Prozesse durchzuführen. Wer jedoch die Anforderungen zu den Meldepflichten der KMMV in seinen Workflow integriert reduziert das Risiko für Sanktionen und wird die aufsichtsrechtliche Erwartungshaltung erfüllen können.
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