Haftung des Betriebserwerbers für Pensionsansprüche in der Insolvenz
Es bleibt dabei: Betriebserwerber haften gemäß § 613a Abs. 1 BGB für Versorgungsansprüche nur zeitanteilig für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgelegte Betriebszugehörigkeit
Die Entscheidungen
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in zwei Parallelverfahren (v. 26.1.2021 – 3 AZR 139/17; 3 AZR 878/16) zu der Frage entschieden, ob ein Betriebserwerber, der einen Betrieb während des laufenden Insolvenzverfahrens des Veräußerers kauft, gemäß § 613a Abs. 1 BGB für Versorgungsansprüche aus betrieblicher Altersversorgung auch für die Betriebszugehörigkeit der übergehenden Arbeitnehmer vor Insolvenzeröffnung oder erst für Zeiten der Betriebszugehörigkeit ab dem Eröffnungsstichtag haftet.
Betroffen waren neben den vorgenannten Verfahren auch 20 weitere – im Wesentlichen gleichgelagerte – vor dem BAG anhängige Verfahren.
Die Urteile sind bislang nicht veröffentlicht, es liegt jedoch bereits eine Pressemitteilung des BAG (Nr. 2/21) vor. Diese lässt vermutlich einige Betriebserwerber, die einen Betrieb aus der Insolvenz des Veräußerers heraus gekauft haben, aufatmen.
Die wesentlichen Aspekte
Das BAG hat – soweit aus der Pressemitteilung ersichtlich – entschieden, dass der Betriebserwerber gem. § 613 a Abs. 1 BGB für Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung der auf ihn übergegangen Arbeitnehmer nur zeitanteilig für die ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgelegte Betriebszugehörigkeit haftet. Eine weitergehende Haftung des Betriebserwerbers scheidet aus. Dies gilt auch, wenn die Enthaftung des Betriebserwerbers dazu führt, dass sich der ursprüngliche Versorgungsanspruch des Klägers teilweise reduziert, weil auch der Pensions-Sicherungs-Verein VVaG (PSV) aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Versorgungszusage nur teilweise eintritt.
Dies entspricht der derzeit geltenden Rechtslage. Aufgrund der Tatsache, dass nach dieser Rechtslage, wie die vorliegenden Verfahren zeigen, gewisse Versorgungslücken entstehen können, hat sich das BAG im Vorfeld seiner Entscheidung veranlasst gesehen, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzurufen. Mit seiner Vorlagefrage wollte das BAG geklärt wissen, ob § 613a Abs. 1 BGB in seiner derzeit geltenden Fassung mit dem EU-Recht vereinbar ist. Entscheidend war vor allem Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG, der die Mitgliedstaaten verpflichtet einen Mindestinsolvenzschutz für Versorgungsanwartschaften aus betrieblicher Altersversorgung im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers zu gewährleisten. Der EuGH entschied insoweit, dass dieser unionsrechtliche gebotene Mindestschutz, durch den PSV-Schutz gewährleistet ist (EuGH v.9.9.2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction]) und die Anwendung von § 613a Abs. 1 BGB im Übrigen nicht entgegen steht.
Für die 20 weiteren anhängigen Verfahren bestätigte das BAG entsprechend die Klageabweisung der Vorinstanzen.
Die Praxishinweise
Für die insolvenz- und betriebsrentenrechtliche Praxis bedeuten die Entscheidungen des BAG letztlich Rechtssicherheit für die Anwendung von § 613a Abs. 1 BGB bei der Schnittstelle betriebliche Altersversorgung und Insolvenz beim Betriebserwerb. Der Betriebserwerber haftet – nach wie vor – für Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung nur ab Insolvenzeröffnung. Auch, wenn dadurch aufgrund der Ausgestaltung der Versorgungszusage des übergehenden Arbeitnehmers, eine Versorgungslücke aufgrund eines nicht vollumfassenden PSV-Schutzes entsteht.