Datenschutz und Cybersecurity

Fortschritte bei der Schaffung eines einheitlichen europäischen Datenraumes für Gesundheitsdaten

Verfasst von

Dr. Jan-Peter Ohrtmann

Anna Dold, LL.M. (King’s College London)

Die Initiative zur Schaffung eines „Europäischen Raums für Gesundheitsdaten“ (EHDS) der Europäischen Kommission schreitet weiter voran. Die zuständigen Ausschüsse für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) haben am 28. November den Entwurf für einen Standpunkt des EU-Parlaments zum entsprechenden Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission verabschiedet.

Hintergrund: Die europäische Datenstrategie

Die Schaffung einer EU-übergreifenden Datenplattform für Gesundheitsdaten stellt einen wichtigen Teil der europäischen Datenstrategie dar. Diese zielt auf den Aufbau einer gemeinsamen europäischen Dateninfrastruktur und eines Binnenmarktes zur Ermöglichung des einfacheren Austausches der in der EU vorhandenen Gesundheitsdaten. Mit Hilfe des EHDS als einer von zehn avisierten Datenräumen soll der Zugang und die Nutzbarkeit von Gesundheitsdaten, insbesondere auch für Forschung und sonstige am Gemeinwohl orientierte Zwecke, gefördert werden.

Inhalt: Förderung des Austauschs und der Nutzbarkeit von Daten in der EU

Der Entwurf der Verordnung zur Schaffung eines europäischen Raumes für Gesundheitsdaten sieht zunächst die Einführung einer europäischen elektronischen Patientenakte vor. Diese soll den grenzüberschreitenden Austausch von Patientendaten, wie Arztrezepte, Bildmaterial und Laborwerte, zwischen verschiedenen Gesundheitseinrichtungen erleichtern. Zudem sollen bestimmte Patientendaten, wie Verwaltungs- und Abrechnungsdaten, über Medizinprodukte erhobene und generierte Daten und bereits in nationalen Registern erfasste Gesundheitsdaten in aggregierter bzw. anonymisierter und pseudonymisierter Form für Forschung und sonstige definierte Sekundärzwecke zugänglich und nutzbar gemacht werden. Auf nationaler Ebene sollen öffentliche Stellen zur Koordinierung des Datenzugangs und Überwachung der Datenqualität und -sicherheit eingerichtet werden.

Nach dem Vorschlag der EU-Kommission stehen die entsprechenden Patientendaten grundsätzlich automatisch für eine Sekundärnutzung zur Verfügung. Dem Patienten wird dabei allerdings die Möglichkeit eingeräumt, einer solchen Nutzung zu widersprechen (Opt-Out). Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments schlagen demgegenüber einschränkend vor, für die Weiterverwendung besonders sensibler Gesundheitsdaten, insbesondere auch soweit pseudonymisierte Daten zur Verfügung gestellt werden, die ausdrückliche Zustimmung der Patienten zu verlangen (Opt-In) und den Opt-out-Mechanismus nur für andere, weniger kritische Daten vorzusehen. Dies stieß bereits auf erste Kritik aus den Reihen der Forschungseinrichtungen.

Der Entwurf des Positionspapiers greift daneben auch die notwendige Konsolidierung mit den Vorgaben der DSGVO auf, die neben der Verordnung zum EHDS weiterhin Anwendung findet. In diesem Zusammenhang schlägt das Positionspapier ergänzende Regelungen zu Betroffenenrechten und den Voraussetzungen des Datenzugangs vor. Darüber hinaus sollen Patienten zusätzliche Beschwerdemöglichkeiten eingeräumt werden.

Ausblick: Nächste Schritte und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz

Das Positionspapier befindet sich nun zur weiteren Verhandlung im Plenum des EU-Parlaments. Die Abstimmung des Parlaments über den Standpunkt ist für Mitte Dezember vorgesehen. Diskussionspunkte im europäischen Gesetzgebungsverfahren werden sicherlich der Umfang des Opt-Out-Verfahrens und die Gewährleistung von Datenschutz und Patientenrechten bleiben.

Der deutsche Gesetzgeber hat während dessen das Fortschreiten der Initiative über den EHDS bereits mit dem Entwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetz antizipiert (siehe Gesundheitsdatennutzungsgesetz: Ist die Forschung mit Gesundheitsdaten fortan leichter?). Der Gesetzesentwurf sieht die Einrichtung einer Koordinierungsstelle für den Datenzugang beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor und soll darüber hinaus geeignete Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung für Sekundärzwecke gewährleisten. Nach der ersten Lesung im Bundestag befindet sich der Entwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes derzeit zur weiteren Beratung in den zuständigen Ausschüssen.