EU-Kommission genehmigt das 300 Mio. EUR schwere griechische Förderprogramm für den Breitbandausbau
Mit der Entscheidung vom 31. Juli 2019, SA.53135 (2019/N), hat die EU-Kommission in einem beihilfenrechtlichen Notifizierungsverfahren ein 300 Mio. EUR schweres Förderprogramm für den Breitband-Ausbau in Griechenland als nach Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar genehmigt.
In ihrer Entscheidung betont die EU-Kommission die strategische Bedeutung des Breitbandausbaus für das Wachstum, Innovation sowie für soziale und territoriale Kohäsion in der EU. Die EU-2020-Strategie, ergänzt um die Digitale Agenda für Europa 2020, sieht vor, bis 2020 alle Haushalte mit Anschlussgeschwindigkeiten von mindestens 30 Mbit/s und 50% der Haushalte mit Anschlussgeschwindigkeiten von mindestens 100 Mbit/s zu versorgen.
Hintergrund des griechischen Förderprogramms ist die im europäischen Vergleich unterdurchschnittliche Netzabdeckung. Speziell in naher Zukunft unterversorgte Räume (sog. „weiße Flecken“) in ländlichen und abgelegenen Gebieten sollen durch die Förderung mit schnellem Breitband versorgt werden, wobei die Beihilfen in Bau- und Betriebsphase gegliedert sind.
Im Notifizierungsverfahren hat die griechische Regierung dargelegt, dass sie Auswirkungen des Förderprogramms auf den Wettbewerb durch eine Vielzahl von Maßnahmen begrenzt. Dazu gehören insbesondere
- die intensive Analyse der Versorgungssituation im Vorfeld,
- das Gebot der Nutzung bestehender Infrastruktur,
- Technologieneutralität bei der Auswahl von Betreibern,
- wettbewerbliche Auswahlverfahren,
- offener und diskriminierungsfreier Zugang zur Infrastruktur,
- externes Auditing und Monitoring durch staatliche Behörden,
- Vorbehalt der Rückforderung von Überkompensationen,
- regelmäßiges Reporting an die Kommission.
Die EU-Kommission hat in ihrer beihilfenrechtlichen Prüfung in Anbetracht des hohem Fördervolumens maßgeblich auf ihre Breitband-Leitlinien abgestellt. Nach Auffassung der EU-Kommission verfolgt das Programm Ziele von gemeinsamem Interesse wie die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und die Erreichung der EU-2020-Ziele. Gleichzeitig geht die EU-Kommission in den identifizierten „weißen Flecken“, in denen entweder keine entsprechende Infrastruktur besteht bzw. nicht geplant ist, sie vor Ende des Jahres 2023 zu errichten, von einer fehlenden Marktabdeckung aus. Diese fehlende Infrastruktur lasse sich auch nicht mit weniger intensiven Maßnahmen wie regulatorischen Maßnahmen bewerkstelligen. Die Anreizwirkung des Programms bestehe darin, dass private Anbieter in den zu errichtenden Netzen ihre Dienste bereitstellen könnten und der offene und diskriminierungsfreien Zugang zum Netz weitere private Investitionen anrege. Vor dem Hintergrund des Maßnahmenkatalogs zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen sei das Programm auch verhältnismäßig. Negative Auswirkungen seien mit Blick auf die Förderung von Weißgebieten begrenzt. Transparenzanforderungen seien durch das regelmäßige Reporting gewährleistet.
Für die Praxis ist die Entscheidung von hohem Interesse, weil sich Deutschland bei der Breitbandversorgung nicht in der europäischen Spitzengruppe bewegt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Pressemitteilung Nr. 024 vom 18. Januar 2019) hatten 2018 gerade einmal 51 % aller deutschen Unternehmen mit mindestens 10 Beschäftigten Zugang zu Internet mit Anschlussgeschwindigkeiten von mindestens 30 Mbit/s. Zur Erreichung der EU-2020-Ziele bleibt also ein hoher Investitionsbedarf. Herausforderungen stellen sich hier vor allem im ländlichen Raum, weil dort Investitionen eine vergleichsweise längere Amortisationsdauer haben und vielfach aus marktwirtschaftlicher Sicht nicht hinreichend lukrativ sind. Dies kann potentielle Anbieter davon abhalten, in diese Gebiete zu investieren.
Gerade in Gebieten mit Unterversorgung ist die öffentliche Hand gefordert, ihrerseits die bestehenden Versorgungslücken zu decken. Dabei bestehen aus Sicht des EU-Beihilfenrechts – jenseits der Breitband-Leitlinien der EU-Kommission bei Notifizierungen – für kleinere Investitionen tragfähige Legitimationsmöglichkeiten auf Basis des Art. 14 und vor allem des Art. 52 AGVO (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) mit relativ hohen Schwellenwerten. Darüber hinaus erkennt die EU-Kommission ausnahmsweise an, die Finanzierung der Breitbandversorgung in unterversorgten Gebieten auf den DAWI-Freistellungsbeschluss (Beschluss 2012/21/EU) zu stützen, weil eine hinreichende Anschlussgeschwindigkeit (mindestens 30 Mbit/s) im Zeitalter der Informationstechnologie zu den grundlegenden Daseinsvorsorgeleistungen gehören kann. Die Effekte einer staatlichen Förderung auf den doch intensiven Wettbewerb können vielfältig sein und machen eine hohe Transparenz erforderlich. Daher ist besondere Vorsicht und Sorgfalt dabei walten zu lassen, wenn die öffentliche Hand Breitbandausbau-Projekte finanziert und sich dabei auf die AGVO bzw. den DAWI-Freistellungsbeschluss stützt. Die Einhaltung der vielen Einzelvoraussetzungen dieser Rechtsgrundlagen ist immens wichtig, um die Finanzierung in diesem wichtigen und wettbewerbsintensiven Feld rechtssicher zu gestalten.