Kartell-, Vergabe- und Beihilfenrecht

Einführung eines neuen internen Überprüfungsmechanismus bei Beihilfen mit Umweltbezug

Verfasst von

Dr. Simone Merkl

Die EU-Kommission hat am 12.05.2025 ihre Beihilfevorschriften geändert, um insb. Umwelt-Nichtregierungsorganisationen (NRO) zu ermöglichen, Beihilfenbeschlüsse der EU-Kommission mit umweltrechtlicher Relevanz überprüfen zu lassen. Dem ging eine Konsultation in 2024 voraus, in der sich u. a. Mitgliedstaaten, Unternehmen und NRO einbringen konnten.

Die Änderungen dienen der Umsetzung der Aarhus-Konvention und sollen die Transparenz und den Rechtsschutz im Umweltrecht stärken. Geändert werden hierfür die Beihilfe-Durchführungsverordnung (EG) Nr. 794/2004 und der Beihilfe-Verhaltenskodex, die zugleich an die aktuelle Entscheidungspraxis von EU-Kommission und EuGH angepasst werden.

Im Verhaltenskodex ist nun ein neuer Überprüfungsmechanismus festgehalten:

  • Überprüfungsgegenstand: Überprüfungsanträge der Umwelt-NROs können bezüglich abschließender Beihilfebeschlüsse der EU-Kommission gestellt werden, mit denen sie entweder ein förmliches Prüfverfahren positiv beendet oder eine notifizierte Beihilfe genehmigt hat.
  • Antragsberechtigung: Jede Umwelt-NRO darf eine Überprüfung beantragen. Voraussetzung ist, dass sie eine unabhängige juristische Person ohne Erwerbscharakter ist, in dem Bereich tätig ist, in den der betreffende Beihilfebeschluss fällt, und nachweislich über Erfahrung im Umweltbereich verfügt.
  • Antragsvoraussetzung: Antragsberechtigte Umwelt-NROs müssen nachweisen, dass die geförderte Tätigkeit oder Modalitäten der durch den Kommissionsbeschluss genehmigten Beihilfemaßnahme gegen eine oder mehrere bestimmte umweltrechtliche Vorschriften der EU verstoßen. Hierbei kommt es nur auf solche Tätigkeiten und Modalitäten an, die untrennbar mit dem Zweck der Beihilfe verknüpft sind.
  • Verfahren, Form und Fristen: Anträge müssen binnen 8 Wochen nach Veröffentlichung des Beihilfebeschlusses im Amtsblatt über ein Formular eingereicht werden. Innerhalb von 16 Wochen nach Ablauf der Einreichungsfrist antwortet die EU-Kommission. In begründeten Fällen kann die Bearbeitungsfrist auf 22 Wochen verlängert werden. Die Anträge und Antworten werden auf einer spezifischen Website veröffentlicht.
  • Rechtsschutz: Antragsteller können die Antwort der EU-Kommission vor dem EuGH anfechten.
  • Verpflichtungen der Mitgliedstaaten: Mitgliedstaaten müssen zukünftig bei der Notifizierung von Beihilfemaßnahmen bestätigen, dass weder die geförderte Tätigkeit noch die Beihilfemaßnahme gegen das Umweltrecht der Union verstoßen.

Ausblick und Praxishinweis

Die überarbeiteten Vorschriften werden von einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen ergänzt, in der der Anwendungsbereich, Inhalt und wahrscheinliche Auswirkungen des neuen Verfahrens dargelegt und die im Rahmen der Konsultationen eingegangen Angaben zusammengefasst werden. Die EU-Kommission hat zudem angekündigt, Ende 2025 Orientierungshilfen zum Begriff der im Prüfverfahren nachzuweisenden „untrennbaren Verknüpfung“ mit dem Zweck der Beihilfemaßnahme zu veröffentlichen.

Die Änderungen der Beihilfevorschriften stärken die Rollen von NRO in EU-beihilfenrechtlichen Angelegenheiten mit Umweltbezug. Gleichzeitig müssen sich die Mitgliedstaaten und beihilfengewährenden Stellen auf eine externe Überprüfung ihrer Beihilfengewährungen einstellen und vor jeder Notifizierung deren umweltrechtliche Relevanz prüfen.