Gesellschaftsrecht

Eine GmbH kann auch nach ihrer Löschung im Passivprozess parteifähig sein

Verfasst von

David Santa

Dr. Robert Schiller

Das Kammergericht entschied mit Urteil vom 2. März 2023 (Az. 10 U 92/21; BeckRS 2023, 6698), dass eine GmbH auch nach ihrer Löschung aus dem Handelsregister parteifähig bleiben kann, wenn die Gegenseite substanziiert vorträgt, dass die Gesellschaft noch über verwertbares Vermögen verfügt oder die Gesellschaft möglicherweise noch einen Ersatzanspruch gegen den Liquidator der Gesellschaft nach § 73 Abs. 3 GmbHG hat.

Das Kammergericht bestätigte in der Berufung das Urteil des Landgerichts Berlin, in dem der Klage einer Maklerin gegen eine – im Laufe des Gerichtsverfahrens aus dem Handelsregister gelöschte – GmbH auf Zahlung einer Maklerprovision stattgegeben wurde.

Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem eine Maklerin mit einer Gesellschaft einen als „Maklerprovisionsvereinbarung“ bezeichneten Vertrag abgeschlossen hatte. Die Gesellschaft wurde durch ihren Geschäftsführer vertreten. Partei des Kaufvertrags mit der Verkäuferin wurde allerdings nicht die Gesellschaft, die die Maklerprovisionsvertrag geschlossen hatte, sondern der Geschäftsführer der Gesellschaft selbst. Die beklagte Gesellschaft trug insoweit vor, dass der Geschäftsführer das Grundstück als Privatperson gekauft habe und diese selbständige Kaufentscheidung bereits beim ersten Treffen mit der Klägerin festgestanden habe.

Das Kammergericht wies die Berufung der Beklagten nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurück, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hatte, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufwies und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erforderte. Es wurde festgestellt, dass in dem Abschluss der als Maklerprovisionsvereinbarung bezeichneten Erklärung ein provisionspflichtiger Maklervertrag zu sehen ist. Der Einwand der Beklagten, ihr Geschäftsführer habe bereits vor den Maklerleistungen Kenntnis von dem Objekt und der beauftragten Hausverwaltung gehabt, erachtete das Kammergericht für unerheblich, da diese Informationen nicht geeignet seien, um mit dem Verkäufer Verhandlungen aufzunehmen. Einer Provisionspflicht stehe auch nicht entgegen, dass nicht die Beklagte selbst, sondern ihr Geschäftsführer das Grundstück erwarb. Insoweit sei eine wirtschaftliche Identität ausreichend, auch wenn der Vertrag hinsichtlich der Parteien in persönlicher Weise abweiche. Unerhebliche Abweichungen seien bedeutungslos und eine unmittelbare Identität nicht erforderlich. So hat bereits der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Provisionsanspruch sogar dann besteht, wenn ein Grundstück von einer anderen GmbH erworben wird, die von denselben Gesellschaftern mit demselben Gesellschaftszweck später gegründet worden ist.

Es sei ausreichend, dass die Maklerleistungen der Klägerin zumindest mitursächlich für den Abschluss des Kaufvertrags geworden sind.

Die Löschung der Beklagten aus dem Handelsregister nach § 394 Abs. 1 FamFG habe nicht zur Folge, dass diese in einem Passivprozess nicht mehr gemäß § 50 Abs. 1 ZPO parteifähig sei. Solange Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesellschaft noch über verwertbares Vermögen verfügt und der Kläger dies substanziiert behauptet, bleibe die Gesellschaft trotz der Löschung rechts- und damit auch parteifähig. (BGH, Urt. v. 25.10.2010 – II ZR 1159/09).

Eine GmbH sei ferner dann weiter parteifähig, wenn die Gesellschaft möglicherweise noch einen Ersatzanspruch gegen den Liquidator nach § 73 Abs. 3 GmbHG habe.

Praxishinweis:

Das Kammergericht bestätigt mit seiner Entscheidung die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Parteifähigkeit einer GmbH nach ihrer Löschung aus dem Handelsregister.

Dies ist sowohl in Fällen denkbar, in denen die Klägerin substanziiert behauptet, dass die gelöschte Gesellschaft noch über verwertbares Vermögen verfügt, als auch, wenn die Gesellschaft möglicherweise noch Ersatzansprüche gegen ihren bestellten Liquidator geltend machen kann.

Ferner vertiefte die Entscheidung des Kammergerichts die Rechtsauffassung, dass ein Provisionsanspruch nicht dadurch umgegangen werden kann, dass das Geschäft, für das ein Makler beauftragt wurde, nicht durch die Gesellschaft, die den Maklervertrag abschloss, sondern von ihrem Geschäftsführer persönlich wahrgenommen wird. Insoweit sei es ausreichend, wenn eine wirtschaftliche Identität zwischen dem Auftraggeber und dem Käufer besteht – eine unmittelbare Identität ist indes nicht erforderlich.