Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht

Der aktuelle Gesetzentwurf zum Unternehmens­strafrecht – das Verbands­sanktionengesetz

Ausblick auf die Neuordnung der Unternehmenssanktionierung – Update

Spätestens seit dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 12. März 2018 bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch mit einem entsprechenden Gesetzentwurf noch innerhalb der bestehenden Legislaturperiode zu rechnen war.

Nachdem das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) am 15.08.2019 nach langen und wilden Spekulationen erstmals einen Referentenentwurf vorlegte und so einen ersten Ausblick auf die zukünftige Neuordnung der Unternehmenssanktionierung bot, veröffentlichte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am 22.04.2020 einen überarbeiteten Gesetzesentwurf, welcher einige Punkte des angedachten Gesetzes konkretisierte und änderte. Sodann veröffentlichte das BMJV am 16.06.2020 – kurz nach dem Ende der Verbändeanhörung – einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung. Der Regierungsentwurf unterscheidet sich von dem vorangegangenen Referentenentwurf jedoch nur geringfügig.

Zudem hat das BMJV einen 17 Seiten umfassenden Fragen- und Antwortkatalog geschaffen, in welchem einige Aspekte hinsichtlich der Gründe für das Erfordernis des geplanten VerSanG, dessen Inhalt sowie dessen Auswirkungen dargestellt werden.

Insgesamt wird durch die erneute Aktualisierung und Veröffentlichung des Entwurfs deutlich, dass in nicht allzu ferner Zeit mit dem Erlass eines entsprechenden Gesetzes gerechnet werden kann.

Eine augenfällige Aktualisierung im Laufe des Gesetzesvorhabens war die Änderung der Gesetzesbezeichnung. Während sich das BMJV in dem ersten Entwurf noch für die Bezeichnung „Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität“ entschieden hatte, wurde für den „zweiten“ Referentenentwurf vom 22.04.2020 die Bezeichnung „Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ gewählt. Dessen Herzstück als eigenständiges Artikelgesetz, welches die Sanktionierung von Verbänden zum Inhalt hat, soll aber auch weiterhin die Bezeichnung „Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten“, kurz „VerSanG“ (bzw. VerSanG-E aufgrund des aktuellen Entwurfsstadiums) tragen.

An dieser Stelle kann bereits vorweggenommen werden, dass die abstrakten Zielsetzungen des Koalitionsvertrags, welche dem Kapitel „Pakt für den Rechtsstaat“/„Unternehmenssanktionen“ entnommen werden können, sowohl den Inhalt der beiden Referentenentwürfe als auch den aktuellen, 148 seitigen und insgesamt 68 Paragraphen umfassenden Entwurf maßgeblich prägen.

Im Koalitionsvertrag wurde im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:

  • „Wir werden sicherstellen, dass bei Wirtschaftskriminalität grundsätzlich auch die von Fehlverhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern profitierenden Unternehmen stärker sanktioniert werden“;
  • „Bislang liegt es im Ermessen der zuständigen Behörde, ob auch das betreffende Unternehmen verfolgt wird. Durch die Abkehr vom Opportunitätsprinzip des bislang einschlägigen Ordnungswidrigkeitenrechts sorgen wir für eine bundesweit einheitliche Rechtsanwendung“;
  • „Die geltende Bußgeldobergrenze von bis zu zehn Millionen Euro ist für kleinere Unternehmen zu hoch und für große Konzerne zu niedrig. Wir werden sicherstellen, dass sich die Höhe der Geldsanktion künftig an der Wirtschaftskraft des Unternehmens orientiert. Bei Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz soll die Höchstgrenze bei zehn Prozent des Umsatzes liegen“;
  • „Um Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen, werden wir gesetzliche Vorgaben für „Internal Investigations“ schaffen, insbesondere mit Blick auf beschlagnahmte Unterlagen und Durchsuchungsmöglichkeiten“;
  • „Wir werden gesetzliche Anreize zur Aufklärungshilfe durch „Internal Investigations“ und zur anschließenden Offenlegung der hieraus gewonnenen Erkenntnisse setzen“.

 

Schon diese Vorgaben haben erahnen lassen, dass die geplanten Änderungen im Zusammenhang mit einer Unternehmenssanktionierung umfassend und tiefgreifend werden könnten. Beide Referentenentwürfe sowie der Regierungsentwurf haben diese Vorahnung bestätigt.

Die wesentlichen Vorgaben des Gesetzesentwurfs lassen sich den folgenden Ausführungen entnehmen.

  1. Eigenständige gesetzliche Grundlage

Durch das VerSanG-E soll die Sanktionierung von Unternehmen und sonstigen Verbänden auf eine eigene gesetzliche Grundlage gestellt werden, was gerade im Hinblick auf die vielen ungeklärten Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung komplexer, unternehmensbezogener Sachverhalte sowie der Unternehmensverteidigung insgesamt durchaus begrüßenswert ist.

Der Gesetzgeber führt in seinen Begründungen hierzu aus: „Konkrete und nachvollziehbare Zumessungsregeln für Verbandsgeldbußen fehlen ebenso wie rechtssichere Anreize für Investitionen in Compliance“.

Und tatsächlich enthält der Gesetzesentwurf nun an zentraler Stelle gesetzliche Regelungen zu einigen der drängendsten Fragestellung der letzten Jahre, wobei abzuwarten bleibt, ob die aufgezeigten Lösungsansätze auch praxistauglich bzw. verhältnismäßig sind. Jedenfalls konzeptionell ist die Zusammenführung der Vorschriften zur Sanktionierung von Unternehmen mit weiteren verfahrensrechtlich bedeutsamen Regelungen grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung, was der Transparenz und Handhabbarkeit entsprechender Verfahren entgegenkommen dürfte.

Durch die Aktualisierung des Gesetzesentwurfs wird die Vorschrift des § 1 VerSanG-E und damit der Anwendungsbereich des VerSanG-E dahingehend konkretisiert, dass nur solche Verbände von den Regelungen erfasst werden sollen, „deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist“. Für Verbände ohne eine solche Zwecksetzung soll allein das bestehende Ordnungswidrigkeitenrecht fortgelten.

  1. Einführung des Legalitätsprinzips

Sehr transparent ist auch das nunmehr im VerSanG-E verankerte Legalitätsprinzip, da ausgehend von § 3 des Gesetzesentwurfs zukünftig eine Verbandssanktion verhängt wird, wenn eine Leitungsperson eine Straftat begeht, durch die Pflichten, die den Verband treffen, verletzt worden sind oder durch die der Verband bereichert worden ist oder werden sollte (Verbandstat i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 VerSanG-E). Ein Verfahren gegen den Verband ist auch dann einzuleiten, wenn unterhalb der Leitungsebene Verbandstaten begangen werden und diese durch angemessene Vorkehrungen hätten verhindert oder wesentlich erschwert werden können.

Im Unterschied dazu stellt die bestehende Regelung die Verhängung einer Verbandsgeldbuße nach § 30 Ordnungswidrigkeitengesetz („OWiG“) in das Ermessen der jeweiligen Verfolgungsbehörden (Opportunitätsprinzip). Zwar soll nach dem VerSanG-E eine Einstellung von unternehmensbezogenen Verfahren aus Opportunitätsgründen ermöglicht werden, die entsprechenden und eng an der Strafprozessordnung orientierten Vorschriften in §§ 35, 36 und 37 VerSanG-E scheinen aber eher Ausnahmecharakter zu haben und lassen erkennen, dass eine Verfahrenseinstellung nach dem gesetzgeberischen Willen keineswegs der Regelfall sein soll.

  1. Konkrete Verbandssanktionen

Eine Verbandssanktion wird gemäß § 3 VerSanG-E in den folgenden zwei Fällen verhängt:

  1. Wenn jemand als Leitungsperson dieses Verbandes eine Verbandstat begangen hat oder
  2. sonst in Wahrnehmung der Angelegenheiten des Verbandes eine Verbandstat begangen hat, wenn Leitungspersonen des Verbandes die Straftat durch angemessene Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandstaten wie insbesondere Organisation, Auswahl, Anleitung und Aufsicht hätten verhindern oder wesentlich erschweren können.

Der zweite Punkt, der dem Wortlaut des § 130 OWiG sehr ähnlich ist, führt im Ergebnis dazu, dass grundsätzlich eine Verbandssanktion (obligatorisch) zu verhängen ist, wenn ein ordnungsgemäßes Compliance-Management-System eine unternehmensbezogene Straftat hätte verhindern oder wesentlich erschweren können. Im Umkehrschluss zwingt dies die Verbände zur Implementierung angemessener Compliance-Maßnahmen.

Im Rahmen des 17 Seiten umfassenden Fragen- und Antwortkatalogs des BMJV vom 16.06.2020 werden noch ergänzend die folgenden Hinweise erteilt:

  • Eine Konkretisierung der Compliance-Maßnahmen innerhalb des VerSanG, die ein Verband zu ergreifen hat, sei nicht möglich; vielmehr müsse diese Einschätzung im konkreten Einzelfall (z.B. je nach Größe des Unternehmens und des Risikos) erfolgen (Punkt I. 10.)

Sieht das geltende Ordnungswidrigkeitenrecht noch eine auf maximal 10 Millionen EUR begrenzte Geldbuße sowie eine über das gesetzliche Höchstmaß hinausgehende Abschöpfung etwaiger wirtschaftlicher Vorteile vor, enthält § 8 VerSanG-E nunmehr darüberhinausgehende besondere Sanktionsformen, nämlich die Verbandsgeldsanktion (§ 8 Nr. 1 VerSanG-E) und die Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt (§ 8 Nr. 2 VerSanG-E). Dabei ist zu erwarten, dass in der Vielzahl der Fälle das Verbandssanktionsverfahren die Verhängung einer Verbandsgeldsanktion zur Folge haben wird und die Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt hingegen wohl eher die Ausnahme bilden wird. Die noch im ersten Referentenentwurf vorgesehene dritte Sanktionsmöglichkeit der „Verbandsauflösung“ (vormals § 8 Nr. 3 VerSanG-E), wurde nicht mehr in den aktualisierten Gesetzesentwurf übernommen.

Die Verbandsgeldsanktion für große Unternehmen mit einem weltweiten Jahresumsatz von über 100 Millionen EUR beträgt bei Vorsatztaten nach § 9 VerSanG-E bis zu zehn Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes und dürfte damit regelmäßig die nach § 30 OWiG mögliche Bußgeldfestsetzung wesentlich übersteigen. Nur für kleinere Unternehmen verbleibt es bei der bereits aus § 30 OWiG bekannten Obergrenze von 10 Millionen EUR für vorsätzliches Handeln, während bei Fahrlässigkeit in allen Fällen eine Halbierung des für Vorsatztaten geltenden Sanktionsgeld- bzw. Bußgeldrahmens vorgesehen ist. Im Unterschied zu § 30 OWiG soll die Verbandsgeldsanktion nicht zugleich das aus der Verbandstat erlangte Vermögen abschöpfen, eine Abschöpfung kann vielmehr zusätzlich nach den §§ 73 ff. Strafgesetzbuch („StGB“) erfolgen.

Neben den eigentlichen Verbandssanktionen sieht § 14 des Gesetzesentwurfs zudem noch die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung eines Verbandes vor, sofern die Tat eine große Zahl von Geschädigten betrifft. Dem zuständigen Gericht wird hinsichtlich Art und Umfang der Bekanntmachung große Handlungsfreiheit gewährt.

  1. Anreize für die Durchführung unternehmensinterner Untersuchungen

Ist dem Unternehmen daran gelegen, die Auswirkungen der nach dem Gesetzesentwurf fast schon obligatorisch scheinenden Sanktionierung abzumildern, kann es interne Untersuchungen entweder selbst vornehmen oder Dritte mit deren Durchführung beauftragen (§ 16 VerSanG-E). Grundsätzlich lassen sich hierdurch eine Unterbrechung des gegen das Unternehmen geführten Verfahrens (§ 41 VerSanG-E), eine Halbierung des vorgesehenen Höchstmaßes der Unternehmenssanktion sowie ein Entfall des Mindestmaßes und eine Vermeidung der öffentlichen Bekanntmachung der Verurteilung des Verbandes erreichen (§ 18 VerSanG-E).

Der Vergleich zum ersten Gesetzesentwurf verdeutlicht, dass der Gesetzgeber in der Vorschrift des § 17 VerSanG-E den hohen Stellenwert der Kooperation des Verbandes mit den Verfolgungsbehörden sowie den der internen Untersuchungen für eine Sanktionsmilderung dadurch honorieren möchte. Das Gericht „soll“ die Verbandssanktion in diesen Fällen mildern, während der Wortlaut des ursprünglichen Referentenentwurfs den Gerichten mit der Formulierung „kann“ noch einen allgemeinen Ermessensspielraum gewährte.

Die Vorschrift des § 17 VerSanG-E, welche die Voraussetzungen für eine Sanktionsmilderung durch eine verbandsinterne Untersuchung regelt, wurde im Wege des Regierungsentwurfs vom 16.06.2020 dahingehend geändert, dass

  • die verbandsinterne Untersuchung gemäß § 17 Abs.1 Nr.1 VerSanG-E nicht nur zu der Aufklärung der Verbandstat, sondern auch zu der Aufklärung der Verbandsverantwortlichkeit wesentlich beitragen muss und
  • gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 5 lit. a VerSanG-E nicht nur wie in dem vorangegangenen Entwurf die „Mitarbeiter“, sondern alle innerhalb der internen Untersuchung „Befragten“ darauf hingewiesen werden müssen, dass sämtliche von ihnen gemachte Angaben in einem möglichen Strafverfahren gegen sie verwendet werden können; die Regelungen in den lit. b und c bezogen sich bereits in dem Referentenentwurf auf die „Befragten“.

Im Rahmen des 17-Seiten umfassenden Fragen- und Antwortkatalogs des BMJV vom 16.06.2020 werden im gleichen Zusammenhang noch die folgenden bezugnehmenden Hinweise erteilt:

  • Ergänzend zu der Regelung in § 16 VerSanG-E wird angemerkt, dass verbandsinterne Untersuchungen sowohl durch den Verband selbst als auch durch externe Dritte wie z.B. eine Rechtsanwaltskanzlei oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durchgeführt und im Rahmen der Sanktionierung berücksichtigt werden können, soweit sie den Anforderungen des VerSanG-E genügen (Punkt II. 12.).

Hinsichtlich des Umfangs der verbandsinternen Untersuchungen sowie den an sie gestellten Anforderungen gibt der Katalog im Wesentlichen die Regelungen des § 17 VerSanG-E wieder; weitergehende Regelungen hierzu enthält er nicht.

Die in den Vorschriften der §§ 41 und 18 VerSanG-E genannten Erleichterungen werden indes nur gewährt, wenn das Unternehmen die internen Untersuchungen unter den engen Vorgaben des § 17 VerSanG-E betreibt. Danach darf die Aufklärung beispielsweise nicht durch einen Verteidiger des Verbandes erfolgen und bedarf der uneingeschränkten und ununterbrochenen Zusammenarbeit mit den Verfolgungsbehörden bei gleichzeitiger Beachtung der Grundsätze eines fairen Verfahrens, insbesondere hinsichtlich der Rechte von befragten Personen. Zudem muss nach Abschluss der verbandsinternen Untersuchung ein Abschlussbericht über das Ergebnis der Untersuchung zur Verfügung gestellt werden sowie die das Ergebnis begründenden wesentlichen Dokumente.

Die Inanspruchnahme der Milderungsmöglichkeiten etwaiger Verbandssanktionen dürfte somit ein zweischneidiges Schwert darstellen. Denn die Vorteile einer Milderungsmöglichkeit hinsichtlich der Verbandssanktion könnten dazu führen, dass eine Verteidigung des Unternehmens faktisch unmöglich gemacht wird, da behördlichen Aufforderungen aufgrund der Vorgabe der uneingeschränkten und ununterbrochenen Zusammenarbeit quasi bedingungslos nachgekommen werden muss, und zwar unabhängig davon, ob diese noch im direkten Zusammenhang mit dem ursprünglich zu ermittelndem Sachverhalt stehen oder Zufallsfunde aus den herausgegebenen Unterlagen betreffen. Auch die Unterbrechung des verbandsbezogenen behördlichen Verfahrens nach § 41 VerSanG-E verliert ihre Bedeutung dadurch, dass die Ermittlungen gegen beschuldigte Personen selbstverständlich fortzusetzen sind. Allerdings dürften einschränkend die Grundsätze eines fairen Verfahrens in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung erlangen.

  1. Beschlagnahmefähigkeit von Unterlagen

Mit großer Skepsis werden die Änderungen der strafprozessualen Regelungen der §§ 97 ff. und 160a Strafprozessordnung („StPO“) zur Kenntnis genommen. Dem Entwurf zufolge sollen künftig alle im Rahmen von internen Untersuchungen entstandenen Aufzeichnungen und Unterlagen, welche sich im Besitz bzw. Gewahrsam von Rechtsanwälten befinden, beschlagnahmt werden dürfen. Eine Ausnahme sei nur dann gegeben, wenn der betroffene Verband bereits als Beschuldigter in einem Strafverfahren geführt wird. Vor dem Hintergrund war es bislang umstritten, ob Unterlagen, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht bezieht, nur dann nicht bei einem Rechtsanwalt beschlagnahmt werden dürfen, wenn es sich bei dem Mandanten um einen Beschuldigten handelt, oder ob sich das Beschlagnahmeverbot gar auf die aus einem Vertrauensverhältnis zwischen den Rechtsanwälten und sonstigen Mandaten wie im Fall einer Internal Investigation von dem in § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO geregelten Beschlagnahmeverbot erstreckt. Mit der Änderung der Norm sollen künftig Beschlagnahmeverbote ausschließlich auf solche Fälle beschränkt werden, in denen es ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschuldigten und dem Zeugnisverweigerungsberechtigten zu schützen gilt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass nahezu alle Unterlagen, die im Wege einer verbandsinternen Untersuchung angelegt wurden, beschlagnahmefähig sind, sofern nicht ein Fall der Verteidigung vorliegt.

  1. Einführung eines Verbandssanktionenregisters

In Ergänzung zum Bundeszentralregister für Individualstrafen soll ein Verbandssanktionenregister nach den §§ 54 ff. VerSanG-E eingerichtet und beim Bundesamt der Justiz geführt werden. Zur Eintragung werden rechtskräftige Entscheidungen über die Verhängung von Verbandssanktionen und Bußgeldentscheidungen nach § 30 OWiG gebracht. Einzutragen sollen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 lit. f VerSanG-E auch der vollständige Name und das Geburtsdatum des im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung eingetragenen gesetzlichen Vertreters des Verbands sein. Selbst die Eintragung einer Person, die erst nach der Straftat ihre Funktion aufnahm, soll erfolgen. Auskunft über die Eintragungen kann nur der Verband nach §§ 58 ff. VerSanG-E verlangen. Die regelmäßige Tilgungsfrist der Einträge beträgt zehn Jahre, wohingegen bei einem besonders schweren Fall die Tilgung erst nach 15 Jahren erfolgen soll. Bußgeldentscheidungen nach § 30 OWiG werden nach fünf Jahren getilgt.

  1. Ausblick

Nach der Veröffentlichung des „dritten“ Entwurfs nimmt das gesetzgeberische Vorhaben immer deutlichere Formen an, auch wenn vor dem Hintergrund kontroverser Diskussionen einzelne Änderungen nicht auszuschließen sind. Der eingeschlagene Kurs des Gesetzgebers wird aber kaum noch abzuwenden sein. Verbände, Unternehmen sowie Fachkreise werden sich verstärkt mit den Folgen des VerSanG auseinandersetzen müssen.

Die Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes sollte daher genutzt werden, das interne Compliance-Management-Systems neu zu bewerten und entsprechend anzupassen.