Datenschutz und Cybersecurity

Bundestag beschließt Reform des Telekommunikationsrechts

Verfasst von

Dr. Jan-Peter Ohrtmann

Marc Oliver Brock

Das deutsche Telekommunikationsrecht wird weitgehend durch das Recht der Europäischen Union bestimmt. Seit 2002 waren hierfür die Richtlinien 2002/19/EG, 2002/20/EG und 2002/21/EG sowie 2002/22/EG maßgeblich, in der juristischen Umgangssprache auch als „Richtlinienpaket“ bezeichnet. Diese Richtlinien wurden im Dezember 2018 durch die neue Richtlinie 2018/1972/EG (Europäischer Kodex für die elektronische Kommunikation) ersetzt. Der Bundestag hat hierzu am heutigen 16. Dezember 2020 eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) beschlossen, die tiefgreifende Veränderungen des bekannten Rechtsrahmens mit sich bringt.

Regelungen im Überblick

Wesentliches gesetzgeberisches Ziel ist die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den schnellen und flächendeckenden Ausbau von Gigabitnetzen. Zudem wird der Anwendungsbereich des TKG ausgeweitet, indem Kommunikationsdienste wie WhatsApp nunmehr ausdrücklich der TK-Regulierung unterfallen. Zur Einordnung solcher und anderer „Over-the-top“-Dienste (etwa Gmail) hatte es gerade in Deutschland unter bisheriger Rechtslage lange rechtliche Auseinandersetzungen gegeben.

Im Bereich der Markt- und Zugangsregulierung werden insbesondere die Zugangsansprüche zu Infrastrukturen nochmals ausgeweitet. Der Verbraucherschutz wird u.a. durch die Einführung eines Minderungsrechts bei unzureichender Datenübertragungsrate ergänzt. Mieterfreundlich ist die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs für Breitbandanschlüsse, d.h. im Wesentlichen der Möglichkeit, die Kosten für den TV-Kabelanschluss auf den Mieter umzulegen. Die Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung und Auskunft gegenüber Behörden werden im Hinblick auf die aktuelle BVerfG-Rechtsprechung („Bestandsdatenauskunft II“, Beschl. v. 27.05.2020, 1 BvR 1873/12 in Fortführung des sog. „Doppeltüren-Modells“) angepasst.

An den datenschutzrechtlichen Regelungen in §§ 91 ff. TKG ändert sich damit zunächst nur wenig. Vielmehr sollen diese Regelungen in Zukunft mit den Datenschutzvorschriften des Telemediengesetzes zusammengeführt und in ein gänzlich neues Gesetz überführt werden (das „Datenschutzgesetz für Telekommunikation und Telemedien“, „TTDSG“).

Fazit

Der deutsche Gesetzgeber hat sich Zeit gelassen: Bis zum 21. Dezember 2020 waren die geänderten EU-Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Nun liegt der Ball bei den Unternehmen: Telekommunikationsanbieter, Anbieter von Postdienstleistungen und andere Unternehmen, die (womöglich) dem TKG unterliegen, sollten sorgfältig prüfen, ob und inwieweit sie von den zahlreichen Änderungen betroffen sind. Bereits jetzt ist absehbar, dass deren Umsetzung die Rechtspraxis vor spannende Herausforderungen stellen wird.