Gesellschaftsrecht

Beschluss des OLG Celle (9. Zivilsenat) zur Kapitalerhöhung einer GmbH mit Sachagio im Rahmen einer Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz

Verfasst von

Robert Dorr

Katharina Beitler

Hintergrund des Falls

Dem Beschluss des OLG Celle lag der Fall einer Gesellschaft (GmbH) zugrunde, die eine (Barkapital-)Erhöhung ihres Stammkapitals zum Handelsregister angemeldet hat. Die neuen Anteile wurden sämtlich vom Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Gesellschaft übernommen. Im Rahmen der Barkapitalerhöhung hat sich der Alleingesellschafter verpflichtet sein Einzelunternehmen durch einen Ausgliederungs- und Übertragungsvertrag in die Gesellschaft als Sachagios einzubringen. Das zuständige Registergericht hat mit Zwischenverfügung auf die Unzulässigkeit der Verknüpfung einer Ausgliederung mit einer Kapitalerhöhung nebst Sachagio hingewiesen. Das OLG Celle hat der von der Gesellschaft eingelegten Beschwerde stattgegeben, jedoch nur aus verfahrensrechtlichen Gründen.

Interessant wird der Beschluss durch den Hinweis des OLG Celle zur materiellen Rechtslage, in dem der Senat „[…] nach vorläufiger, indes mangels bisheriger ähnlicher Fälle nicht abschließender Meinungsbildung dazu [neigt], das Registergericht im Kern zu bestätigen.“ Begründet wird dies mit § 126 Abs. 1 Nr. 2 UmwG wonach die Übertragung der Gesamtheit des ausgegliederten Vermögens gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften am übernehmenden Rechtsträger erfolgen muss. Hieran fehlt es – so das OLG Celle – im Streitfall, da die Anteile im Rahmen der (Bar-)Kapitalerhöhung gewährt werden und nicht für die Übertragung des ausgegliederten Vermögens.

Mit der Vereinbarung eines Sachagio wird die (oft kostspielige und zeitraubende) Vorlage eines Werthaltigkeitsnachweises hinsichtlich des eingebrachten Vermögens vermieden.

Wesentliche rechtliche Erwägungen

Eine Ausgliederung kann nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG zur Aufnahme oder nach Nr. 2 UmwG zur Neugründung erfolgen. Erfolgt die Ausgliederung „gegen Gewährung von Anteilen“, werden im Falle der Ausgliederung zur Aufnahme die neuen Anteile im Wege einer (vereinfachten) Kapitalerhöhung beim übernehmenden Rechtsträger geschaffen. Im Falle der Ausgliederung zur Neugründung erhält der übertragende Rechtsträger Anteile an der damit neu gegründeten (übernehmenden) Gesellschaft.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes – „gegen Gewährung von Anteilen“ – besteht damit ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Übertragung des Vermögens und der Gewährung der Anteile. Das OLG Celle spricht sich für eine enge Auslegung dieses Gegenseitigkeitsverhältnisses aus. Nach Auffassung des Gerichts genügt eine Barkapitalerhöhung mit Sachagio nicht den umwandlungsrechtlichen Vorschriften, da die Anteile gegen Bareinlage gewährt werden und gerade nicht für die Übertragung des ausgegliederten Vermögens.

Die Auffassung des OLG Celle trifft in der Literatur sowohl auf Zustimmung als auch auf Kritik. Die kritischen Literaturmeinungen berufen sich darauf, dass das UmwG gesetzliche (Ausnahme-)Fälle vorsieht, in denen auf die Gewährung von Anteilen bei einer Ausgliederung zur Aufnahme – durch notarielle Erklärung – verzichtet werden kann (im Falle der Ausgliederung kaum praxisrelevant, da das Steuerrecht für die Möglichkeit der Buchwertfortführung -nach wie vor- die Ausgabe neuer Anteile verlangt). Wenn auf eine Kapitalerhöhung verzichtet werden kann, ist eine Ausgliederung auch ohne Anteilsgewährung denkbar. Dies spricht gegen eine enge Auslegung des Gegenseitigkeitsverhältnisses zwischen Ausgliederung und Anteilsgewährung und damit gegen die vom OLG Celle vertretene Auffassung.

Schon vor der Entscheidung des OLG Celle wurde in Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2019 - 3 Wx 219/18) und Literatur (Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 55 UmwG, Rn.11 und 115 ff.) vertreten, dass eine Erhöhung des Stammkapitals „zur Durchführung eines Umwandlungsvorgang“ auch im zeitlichen Zusammenhang mit einer ordentlichen Kapitalerhöhung umgesetzt werden kann. Entscheidend für die Durchführung einer solchen Strukturierung ist insbesondere die klare Abgrenzung der beiden Vorgänge voneinander, indem zwischen der Kapitalerhöhung „zur Durchführung der Umwandlungsmaßnahme“ einerseits und der ordentlichen Kapitalerhöhung andererseits klar unterschieden wird (d.h. konkret, dass die Aufnahme in einer Urkunde möglich ist, aber als getrennte Beschlussgegenstände gestaltet werden muss. Zudem ist eine gesonderte Anmeldung zum Handelsregister erforderlich). Nichts anderes kann gelten für eine Umwandlungsmaßnahme ohne Kapitalerhöhung, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer ordentlichen Kapitalerhöhung umgesetzt wird.

Wann also liegt eine Kapitalerhöhung zur Durchführung einer Umwandlungsmaßnahme vor? Wohl immer dann, wenn durch sie zu gewährende Anteile geschaffen werden sollen. Die Konstruktion einer klaren Abgrenzung der ordentlichen Kapitalerhöhung von der Umwandlungsmaßnahme wird aufgrund einer (ggf.) notwendigen Verbindung der ordentlichen Kapitalerhöhung mit der Umwandlungsmaßnahme als Sachagio, wenn überhaupt, nur schwer gelingen.

Handelsrechtlich ist der den Nennwert der neuen Anteile übersteigende Betrag des übertragenen Vermögens als Aufgeld in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB einzustellen. Soweit keine Kapitalerhöhung erfolgt, ist der Betrag des übertragenen Vermögens als andere Zuzahlung in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB einzustellen. In der Praxis macht diese unterschiedliche buchhalterische Behandlung bei einer GmbH keinen Unterschied.

Fazit und Praxishinweise insbesondere auch zur Anwendbarkeit auf andere Umwandlungsmaßnahmen

Die Regelung des § 126 Abs. 1 Nr. 2 UmwG gilt für alle Fälle der Spaltung (d.h. Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung) zur Aufnahme. Eine entsprechende Regelung findet sich im § 5 Abs. 1 Nr. 2 UmwG auch für Verschmelzungen zur Aufnahme. Die vorstehenden Ausführungen sollten folglich auch bei der Umsetzung einer Verschmelzung zur Aufnahme nicht außer Acht gelassen werden.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Auffassung des OLG Celle durchsetzt und wie sich die Meinungen in Literatur und Rechtsprechung entwickeln. Bis zum Vorliegen einer höchstrichterlichen Entscheidung empfiehlt sich eine umfassende Abwägung anderer Möglichkeiten zur Umsetzung der geplanten Strukturierung und ggf. Abstimmung des geplanten Vorgehens mit den zuständigen Registergerichten.

Auch die steuerlichen Aspekte der jeweiligen Umwandlungsmaßnahme sind zu berücksichtigen und mit Steuerexpert:innen abzustimmen.

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