Arbeits- und Sozialversicherungsrecht

Auslagerung von Pensionsverpflichtungen – ein Evergreen auch in Zeiten des Zinsanstiegs

Verfasst von

Dietmar Ketzer

Der Anlass

Die Inflation steigt und damit auch die am Kapitalmarkt erzielbaren Zinsen. Für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen von Unternehmen scheint dies zunächst eine gute Entwicklung zu sein. Denn auch die Zinsen für die Bilanzierung von Pensionsrückstellungen sind davon betroffen und steigen. Der in der (Handels-) Bilanz auszuweisende Rückstellungswert sollte entsprechend sinken.

Tatsächlich tritt aber die entlastende Wirkung bei Unternehmen mit vielen Leistungsbeziehern nicht ein. Der Trend, Rentnerbestände auf Externe auszulagern, setzt sich fort.

So hat PwC im laufenden Jahr in zahlreichen Fällen die Eignung, Ausstattung und bilanzielle Wirkung der Auslagerung von Pensionsverpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft sowie Pensionsfondsauslagerungen mit einem Volumen von mehreren 100 Mio. EUR beraten.

Worum geht es genau?

Der HGB-Zins (10-Jahres-Durchschnitt), der prognostisch zum 31.12.2022 bei 1,79 % liegt, soll bereits zum 31.12.2024 bei 1,94 % liegen. Zinstrend steigend. Dies sollte für viele Unternehmen das Absinken der Pensionsrückstellungen bedeuten.
Allerdings sinken die Rückstellungswerte nicht in den Fällen, in denen der Bestand der Berechtigten von vielen Leistungsbeziehern geprägt ist, denen das Unternehmen eine Anpassung ihrer Rentenleistung nach dem Verbraucherpreisindex (VPI) schuldet. Die VPI-Entwicklung deutet darauf hin, dass bei vielen Unternehmen, die Anpassungen im 3-Jahres-Turnus praktizieren, die Betriebsrenten zum nächsten Anpassungsstichtag aufgrund der akkumulierten Inflationsraten wohl mit 15 % oder mehr anzuheben sind. Gerade jetzt kann der richtige Moment für eine Auslagerung der Verpflichtungen sein.
Durch die steigenden Zinsen sinkt aber die Höhe der von externen Versorgungsträgern aufgerufenen Einlösebeträge zur Übernahme der Pensionsverpflichtungen. Sofern aktuell oder auf absehbare Zeit also hinreichend Liquidität oder andere finanzielle Mittel vorhanden sind, kann das steigende Zinsniveau ein Grund sein, sich gerade deshalb für die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen zu entscheiden. Pensionsverpflichtungen aus Direktzusagen können zum Beispiel auf einen Pensionsfonds ausgelagert werden. Ferner kommt die Übertragung der Pensionsverpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft in Betracht.
Der rechtliche Unterschied in den verschiedenen Möglichkeiten liegt insbesondere in der gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Umsetzung, dem erforderlichen Dotierungsvolumen sowie der Nachhaftung des auslagernden Unternehmens.
Bei der stark verbreiteten Auslagerung auf einen Pensionsfonds, bleibt das auslagernde Unternehmen in der Nachhaftung gem. § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Das Risiko der subsidiären Inanspruchnahme lässt sich allerdings weitestgehend reduzieren, zum Beispiel in dem eine versicherungsförmige Durchführung, ein etablierter Anbieter und ein konservativer Tarif gewählt wird.
Eine Alternative ist die Gründung und der Verkauf einer Rentnergesellschaft. Hier werden die Verpflichtungen in einem 1.Schritt umwandlungsrechtlich auf die Rentnergesellschaft übertragen. In einem 2. Schritt wird die Rentnergesellschaft an einen Dritten veräußert, der außerhalb des Unternehmens-/Konzernverbundes steht. Bei ausreichender Ausstattung der Rentnergesellschaft entfällt eine Nachhaftung des auslagernden Unternehmens mit dem Ablauf von 10 Jahren vollständig.

Outsourcing und De-Risking durch Auslagerung von Pensionsverpflichtungen auf externe Versorgungsträger

Die Motive für die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen auf einen externen Versorgungsträger sind vielfältig. Im Mittelpunkt steht immer die Übertragung von Risiken und Kosten an einen Dritten. Sowie die bilanzielle Entlastung des auslagernden Unternehmens, etwa im Vorfeld einer Unternehmenstransaktion.

Im Einzelnen:

Die Auslagerung beziehungsweise die Abspaltung von Pensionsverpflichtungen verfolgt stets eines oder mehrere der folgenden Ziele:

  • Reduzierung von Verwaltungskosten und -aufwand
  • Beseitigung auf biometrischen Risiken beruhender Unsicherheiten, insbesondere in Bezug auf das biometrische Risiko „Langlebigkeit“
  • Vermeidung oder Verringerung der Anpassungsverpflichtung gemäß § 16 BetrAVG
  • Reduzierung der Beiträge zum PSVaG
  • Verkürzung der (Handels-)Bilanz
  • Bündelung von Versorgungsverpflichtungen bei einem externen Dritten

(Arbeits-)rechtliche Implikationen bei der Auslagerung von Versorgungsverpflichtungen

Für welchen Weg der Auslagerung Sie sich als Unternehmen entscheiden, wird durch die finanzielle Zielsetzung (Dotierungsvolumen, Liquiditätsbelastung, Ergebniswirkung und Steuergestaltung) bestimmt. Die rechtliche Gestaltung leitet sich daraus ab.
Aus rein arbeitsrechtlicher Sicht sind die folgenden Themen bei der Entscheidung über die Form der Auslagerung zu beachten.
Bei einer Übertragung einer Direktzusage auf einen Pensionsfonds ist zu prüfen, ob eine Arbeitnehmerzustimmung erforderlich ist und welche Versorgungsberechtigten davon betroffen sind. In einigen Direktzusagen findet sich zum Beispiel auch eine Zusage zur Einhaltung des konkret gewählten Durchführungswegs. In einem solchen Fall ist in der Regel die Zustimmung der Arbeitnehmer (-vertretung) erforderlich.
Die Übertragung von Versorgungsverpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft ist hingegen ohne Zustimmung einseitig durch unternehmerische Entscheidung umsetzbar. Hier stellen sich eher Fragen über die richtige (ausreichende) Ausstattung.

PwC Legal und PwC Pension Consulting beraten Sie aus einer Hand

Sie sind Unternehmenseigentümer, Vorstand oder verantwortlich für den Finanzbereich Ihres Unternehmens? Sofern Ihr Unternehmen Pensionsverpflichtungen trägt, evaluieren wir, PwC Legal, gemeinsam mit unseren Kolleg*innen von PwC Pension Consulting, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich für Ihr Unternehmen anbieten und begleiten Ihre Auslagerung vollumfänglich.

Die Autor:innen

Dietmar Ketzer, Rechtsanwalt; Katja Röhlen, Rechtsanwältin
Die Autor:innen und die Ihnen ggf. schon bekannten Ansprechpartner unserer 50 Mitglieder starken Praxisgruppe Arbeitsrecht stehen Ihnen bei weitergehenden Fragen zur Bedeutung der gesetzlichen Neuerungen für Ihre betriebliche Situation oder Planungen jederzeit gerne zur Verfügung.