Musterfeststellungsklage­ (Collective Redress)

Seit dem 1. November 2018 gibt es in Deutschland die Musterfeststellungsklage („MFK“). Dabei handelt es sich um ein Instrument der kollektiven Rechtsverfolgung. Bisher sahen Unternehmen sich im Hinblick auf Verbraucher:innen und deren Ansprüche (von den Unterlassungsklageinstrumenten nach dem UKlaG und dem nachgelagerten Musterverfahren nach dem KapMuG einmal abgesehen) ausschließlich individuell erhobenen oder gebündelten Einzelklagen ausgesetzt. Nunmehr können sogenannte qualifizierte Einrichtungen (Verbraucherzentralen oder bestimmte Voraussetzungen erfüllende Verbraucherschutzverbände) für mindestens 50 Verbraucher:innen (bspw. Konsumenten, Bank- oder Sparkassenkunden, Privatanleger) die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen von möglichen gegen Unternehmen gerichteten Verbraucheransprüchen vor den örtlich zuständigen Oberlandesgerichten feststellen lassen.

Was ist Gegenstand der Muster-feststellungsklage?

Über eine konkrete Leistung oder die Höhe des jeweiligen Verbraucheranspruchs wird in dem Musterfeststellungsklageverfahren nicht entschieden. Soweit das Gericht in dem sogenannten Musterfeststellungsurteil tatsächliche oder rechtliche Feststellungen zugunsten der Verbraucher:innen trifft, können die Verbraucher:innen auf der Grundlage dieser Feststellungen in einem gegen das Unternehmen individuell zu führenden Folgeprozess ihren Individualanspruch weiterverfolgen. Das rechtskräftige Musterfeststellungsurteil bindet die Gerichte, die über einen solchen Folgerechtsstreit zu entscheiden haben, sofern und soweit dort die Feststellungsziele und der Lebenssachverhalt der Musterfeststellungsklage betroffen sind und die klagenden Verbraucher:innen sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen, das heißt ihre Ansprüche zur Eintragung in das Musterfeststellungsklageregister angemeldet haben.

Anders als etwa in Italien, Frankreich oder den USA wurde mit der MFK in Deutschland rechtliches Neuland betreten. Dahinter steht nicht zuletzt das Bestreben der Europäischen Union, den Verbraucherschutz und damit verbunden die Instrumente des kollektiven Verbraucherrechtsschutzes zu stärken und im Sinne der Verbraucher:innen effizienter zu gestalten (Collective Redress Initiative).

Mittlerweile wurde die EU-weite Einführung von Sammelklagen (Collective Redress) vereinbart. Qualifizierte Institutionen wie Verbraucherverbände können dann stellvertretend für Verbraucher:innen bei Fragen des allgemeinen Verbraucherschutzes, des Datenschutzes, bei Finanzdienstleistungen sowie bei Energie- , Umwelt- und Gesundheitsfragen gegen Unternehmen auf Unterlassung und Schadenersatz klagen. Die EU-Staaten müssen die neuen Regeln innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umsetzen.

Das Vorgehen

Was bedeutet die MFK für Unternehmen?

Was bedeutet die MFK für Unternehmen?

Unternehmen müssen sich auf neue Herausforderungen einstellen:

  • Es können Klagewellen in neuen Größenordnungen und in Bezug auf bislang für den/die einzelne:n Verbraucher:in „uninteressante“ Forderungen auf die Unternehmen zukommen.
  • Jede MFK hat naturgemäß große Breitenwirkung und zieht regelmäßig große mediale Aufmerksamkeit auf sich, da die klagenden Verbände und die sie vertretenden Kanzleien aktiv verschiedene Medien mobilisieren. Reputationsschäden drohen.
  • Teile der Verfahrensakte sind durch das öffentlich zugängliche Klageregister für jedermann einsehbar.
  • Die MFK stellt ein beträchtliches Druckmittel in der Hand der klageberechtigten Verbände dar.

Die MFK kann für Unternehmen aber auch Vorteile bringen. Sie kann insbesondere zur frühzeitigen rechtlichen Klärung eines Sachverhalts beitragen und so – im Falle eines für das Unternehmen positiven Ausgangs – eine unter Umständen große Zahl von kostspieligen Einzelverfahren verhindern. Denn die angemeldeten Verbraucher:innen sind an die in einem Musterfeststellungsurteil getroffenen Feststellungen auch insoweit gebunden, als sie für die Verbraucher:innen ungünstig sind.

Wie läuft die MFK ab?

Wie läuft die MFK ab?

Wie stellen sich Unternehmen auf die MFK ein?

Wie stellen sich Unternehmen auf die MFK ein?

Entscheidend ist, sich frühzeitig – das heißt, sobald es erste Anzeichen für eine drohende MFK gibt – nicht nur professionellen Rechtsrat sicherzustellen, sondern die ggf. betroffenen Unternehmensbereiche (bspw. Kommunikation, Marketing, Recht, Compliance, Finance/Controlling, operativer Bereich) mit dem Ziel eines effizienten und erfolgreichen Krisenmanagements rechtzeitig einzubinden.

Das Dispute Resolution Team von PwC Legal ist auf die Beratung von Unternehmen in Konfliktfällen und deren Vertretung in komplexen Gerichts- und Schiedsverfahren, die Abwehr von Ansprüchen in Massenverfahren, einschließlich Kapitalanlegerklagen und damit verbundenen Kapitalanlegermusterverfahren, spezialisiert und verfügt über in tausenden Verfahren gesammelte, einschlägige Erfahrungen. Die Verteidigung von Unternehmen gegen Musterfeststellungsklagen ist schon jetzt fester Bestandteil der Dispute Resolution Praxis von PwC Legal. PwC Legal Dispute Resolution: Ein schlagkräftiges Team – Ihr Abwehrbollwerk in Massenverfahren.

Aktuelle Musterfeststellungsklagen

Weiterführende Links

Bundesamt für Justiz

Öffentliche Bekanntmachungen im Klageregister.

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz 

Musterfeststellungsklagen

Litigation, Arbitration