Datenschutz und Cybersecurity

EuGH: Verbandsklage kann durch Verbraucherschutzverbände erhoben werden

Verfasst von

Dr. Jan-Peter Ohrtmann

Laura Reuters

Mit Urteil vom 28. April 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass (Verbraucherschutz-) Verbände berechtigt sind, auch ohne Beauftragung durch Betroffene gegen Verstöße europäischen Datenschutzrechts zu klagen, um die kollektiven Interessen der Verbraucher zu schützen.

Hintergrund

Im Juli 2020 legte der Bundesgerichtshof (BGH) dem EuGH die Frage vor, ob nach Art. 80(1) und (2) und Art. 84 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung („DSGVO“) Verbände berechtigt sind, Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen nach der DSGVO vor den nationalen Gerichten geltend zu machen, ohne eine konkrete Verletzung der Rechte der Betroffenen nachzuweisen und ohne zuvor auf anderem Wege Rechtsschutz zu suchen.

Konkret ging es in dem vom BGH zu entscheidenden Fall um eine Unterlassungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (im Folgenden: vzbv) gegen Meta Platforms Ireland (zuvor: Facebook Ireland Ltd.), weil diese auf ihrer Facebook-Website Spiele von Drittanbietern zur Verfügung stellte, die angeblich gegen Vorschriften der DSGVO verstoßen hatten. Seine Klagebefugnis stützte der vzbv auf das nationale Gesetz zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG). Der BGH hielt er es für möglich, dass die Prüfung von Verstößen gegen die DSGVO in erster Linie in die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden fällt.

Entscheidung

Der EuGH entschied, dass eine Einrichtung wie hier der vzbv unabhängig von einem erteilten Auftrag Klage erheben kann, wenn „ihres Erachtens“ die Rechte einer betroffenen Person nach der DSGVO verletzt worden sind. Der vzbv müsse die von der Datenverarbeitung konkret betroffene Person nicht im Voraus einzeln identifizieren und das Vorliegen einer konkreten Datenschutzverletzung geltend machen. Vielmehr reiche es aus, dass die zu beurteilende Datenverarbeitung die Rechte Betroffener nach der DSGVO beeinträchtigen könne. Die DSGVO stehe einer nationalen Regelung, die Verbänden ein Klagerecht zum Schutz von Verbraucherinteressen einräume, nicht entgegen. Eine solche Auslegung gewährleiste ein hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten.

Ausblick

Die Entscheidung des EuGH stellt klar, dass Verbandsklagen zur Durchsetzung von Datenschutzverstößen nach der DSGVO nur geringen rechtlichen Anforderungen unterliegen. Es ist nun Sache des BGH, den Rechtsstreit endgültig zu entscheiden. Es ist zu erwarten, dass Verbände zunehmend Datenschutzverletzungen gerichtlich geltend machen werden, wenn dies im nationalen Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist. Ob dies Aufsichtsbehörden entlastet, bleibt abzuwarten. Die aus den Klagen resultierenden gerichtlichen Entscheidungen werden in jedem Fall perspektivisch für mehr Rechtssicherheit bei der Auslegung der DSGVO sorgen.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union PRESSEMITTEILUNG Nr. 68/22 Luxemburg, 28. April 2022 Urteil in der Rechtssache C-319/20 Meta Platforms Ireland.

Eine vollständige Fassung des Urteils ist noch nicht verfügbar.