EuGH vertritt weiten Kopie-Begriff der DSGVO
In einer aktuellen Entscheidung des EuGH (Link) hat sich dieser zur Auslegung des Begriffs der Kopie gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO geäußert. Der EuGH vertritt ein weites Verständnis des Kopie-Begriffs und fasst darunter eine originalgetreue Reproduktion der personenbezogenen Daten.
Gegenstand des Verfahrens
In dem zugrundeliegenden Fall bat ein Kunde von einer Kreditauskunftei um Auskunft über die ihn betreffenden personenbezogenen Daten auf Grundlage der DSGVO. Er forderte außerdem eine Kopie aller Dokumente – die seine Daten enthalten – in einem üblichen technischen Format. Die Auskunftei übermittelte dem Kunden daraufhin eine aggregierte Liste seiner personenbezogenen Daten, was der Kunde als unzureichend ansah und Beschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde einreichte. Die Behörde wies die Beschwerde jedoch mit der Begründung ab, dass die Auskunftei das Recht des Kunden auf Auskunft über die personenbezogenen Daten nicht verletzt habe. Gegen diesen Bescheid reichte der Kunde Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht (Österreich) ein.
Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Reichweite des Rechts einer betroffenen Person, Kopien von den durch die Verarbeitung betroffenen personenbezogenen Daten nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO zu erhalten. Der Kunde vertritt die Ansicht, dass er nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO berechtigt sei, eine Kopie seiner personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung waren, nicht aus ihrem Zusammenhang gelöst, sondern in Form von Kopien oder Auszügen aus etwaiger Korrespondenz oder Inhalten von Datenbanken oder entsprechende Dokumentation zu erhalten. Die gegenüberstehende Position stellt hingegen darauf ab, dass der Auskunftsverpflichtete den Anforderungen des Art. 15 Abs. 3 DS-GVO bereits dadurch gerecht wird, dass die Übermittlung der personenbezogenen Daten in Form einer Tabelle und einer zusammenfassenden Übersicht erfolgt.
Das Bundesverwaltungsgericht Österreich hat den Rechtsstreit ausgesetzt und dem EuGH unter anderem die Frage der Auslegung des Begriffs der Kopie sowie der Information vorgelegt. Der EuGH hat sich nun für ein weites Verständnis des Begriffs ausgesprochen.
Die Gründe
Der EuGH hat in seinem Urteil den Inhalt und Umfang des Auskunftsrechts einer betroffenen Person über ihre personenbezogenen Daten erläutert. Das Recht, eine Kopie dieser Daten zu erhalten, beinhaltet demnach, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller Daten auszuhändigen ist. Die betroffene Person hat das Recht, Auszüge aus Dokumenten oder ganzen Dokumenten sowie Auszüge aus Datenbanken, die die Daten enthalten, zu erhalten, wenn dies notwendig ist, um ihre Rechte gemäß DSGVO auszuüben. Dabei müssen die Rechte und Freiheiten anderer berücksichtigt werden. Das Gericht hat außerdem klargestellt, dass der Begriff "Informationen" im Sinne von Art. 15 Abs. 3 Satz 3 DSGVO ausschließlich auf die personenbezogenen Daten bezogen ist, von denen der für die Verarbeitung Verantwortliche eine Kopie zur Verfügung stellen muss.
Im Falle eines Konflikts sei zwischen dem Recht einer betroffenen Person auf umfassende Auskunft und den Rechten oder Freiheiten anderer Personen abzuwägen. Die Übermittlung der personenbezogenen Daten solle so erfolgen, dass die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht verletzt werden. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass der betroffenen Person jegliche Auskunft verweigert wird.
Handlungsempfehlungen/Fazit
Die Entscheidung des EuGH gibt Adressaten eines Begehrens auf Kopie gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO mehr Klarheit über den Umfang der herauszugebenden Daten. Verantwortliche müssen einen Prozess etablieren, der der weiten Auslegung des EuGH Genüge tut. Personen, die operativ die Kopien erstellen, sollten hierzu geschult werden.
Fragen wirft das Urteil hinsichtlich des genauen Umganges im Falle eines Konflikts mit entgegenstehenden Interessen auf. Hierzu zitiert der EuGH lediglich Erwägungsgrund 63 S. 5 und 6 zur DSGVO, ohne darüberhinausgehende Empfehlungen mitzugeben. Es ist zu erwarten, dass die Frage des Umgangs mit kollidierenden entgegenstehenden Interessen erneut zu einer Vorlagefrage führen dürfte.