Arbeits- und Sozialversicherungsrecht

Betriebsrentenstärkungsgesetz II („BRSG II“) – Entwurf der Bundesregierung – Was es bringt und wem es nutzt

Verfasst von

Dietmar Ketzer

Mario Mitrovic

Am 3. September 2025 wurde der Entwurf der Bundesregierung zum BRSG II veröffentlicht. Wesentliche Neuerungen gegenüber dem nicht umgesetzten BRSG II-Entwurf der letzten Legislaturperiode bleiben aus.  Erwähnenswert ist der Evaluierungs-Auftrag an das BMAS. Es soll bis 2030 untersuchen, ob die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung („bAV“) aufgrund der vorgesehenen Öffnung von Sozialpartnermodellen erkennbar gestiegen ist.

Der große Durchbruch für die bAV bleibt damit wohl aus. Dennoch bietet der Entwurf konkrete Ansatzpunkte, um Effizienz, Attraktivität und Verbreitung Ihrer bAV zu steigern. Fraglich ist, was Unternehmen jetzt erwartet.

Ergänzende Abfindungsmöglichkeiten

Ergänzend zur bisherigen Abfindungsregelung wird eine zusätzliche Abfindungsmöglichkeit eingeführt. Demnach können Kleinstanwartschaften zusätzlich zur bestehenden Abfindungsmöglichkeit des § 3 Abs. 2 des Betriebsrentengesetzes („BetrAVG“) künftig bis zu 2 % der monatlichen Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV bzw. bei Kapitalleistungen bis zu 24/10 der monatlichen Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV abgefunden werden. Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitnehmer zustimmt und die Abfindung vom Arbeitgeber unmittelbar zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung („GRV“) verwendet wird.

Unsere Einschätzung: Die mit der Neuregelung verbundenen Hürden (Einholung und Dokumentation einer Zustimmung, sozialversicherungs- und lohnsteuerrechtliche Implikationen durch Zwang der Abfindungszahlung an die GRV) erfordern eine rechtssichere Neukonzeption der Abfindungsprozesse/-dokumente in Bezug auf die zusätzliche Abfindungsmöglichkeit.

Vorzeitige Inanspruchnahme der Betriebsrente

Künftig ist eine vorzeitige Inanspruchnahme der Betriebsrente nicht mehr vom Bezug einer Vollrente in der GRV abhängig. Dadurch wird das BetrAVG an die in der GRV weggefallenen Hinzuverdienstgrenzen angeglichen. Der parallele Bezug der gesetzlichen und betrieblichen Altersversorgung neben einer Weiterbeschäftigung wird möglich (auch über den Regelrenteneintritt hinaus).

Unsere Einschätzung: Arbeitgeber werden sich aufgrund des wachsenden Fachkräftemangels zunehmend mit dem Rentenbezug parallel zur Weiterbeschäftigung befassen müssen. Zudem werden Arbeitgeber Leistungsvoraussetzungen für die Versorgungszusage anpassen und eine Antwort zu den Fragen, wie mit der Entgeltumwandlung und bestehenden Instrumenten wie Altersteilzeit und Zeitwertkonten umgegangen werden soll, finden müssen. Zusätzlich werden sie die Administration ihrer bAV angehen müssen, wenn die Versorgungszusage künftig gleichzeitig den Bezug und die Einzahlung in die bAV vorsehen soll.

Optionssysteme

Aktuell können Arbeitgeber eine automatische Entgeltumwandlung, gegen die der Arbeitnehmer ein Widerspruchsrecht hat, (sogenanntes „Optionssystem“) nur einführen, wenn dies ein Tarifvertrag vorsieht oder aufgrund einer Tariföffnungsklausel zulässt. Künftig wird dies auch ohne Tarifvertrag in einer Betriebsvereinbarung möglich sein, wenn die Entgeltansprüche nicht – und auch nicht üblicherweise – in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelt werden und der Arbeitgeber zusätzlich einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 20 Prozent des umgewandelten Entgelts zahlt.

Unsere Einschätzung: Entgeltansprüche werden in vielen Branchen tarifvertraglich geregelt. Der Anwendungsbereich der betrieblichen Optionssysteme könnte im konkreten Einzelfall deshalb auf Umwandlungen nicht-tariflichen Entgelts beschränkt sein. Arbeitgeber werden deshalb prüfen müssen, für welche Entgeltbestandteile ein betriebliches Optionssystem eingeführt werden kann, sollten sie ein solches in Erwägung ziehen.

Öffnung des Sozialpartnermodells für nichttarifgebundene Arbeitgeber

Nicht tarifgebundene Arbeitgeber können künftig mit Zustimmung der das SPM tragenden Tarifvertragsparteien an einer einschlägigen tariflichen Regelung teilnehmen. Darüber hinaus soll auch eine Teilnahme an einer nicht einschlägigen tariflichen Regelung möglich werden, wenn eine Öffnungsklausel im einschlägigen Tarifvertrag dies vorsieht oder die das Sozialpartnermodell tragende Gewerkschaft für das Arbeitsverhältnis tarifzuständig ist. Die das Sozialpartnermodell tragenden Tarifvertragsparteien können nichttarifgebundene Arbeitgeber an den Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Durchführung und Steuerung des Sozialpartnermodells entstehen, angemessen beteiligen.

Unsere Einschätzung: Die Regelungen zum Sozialpartnermodell werden den Nutzerkreis nicht nachhaltig erweitern. Durch den nach wie vor bestehenden Tarifvorbehalt und Bezug auf bestehende Sozialpartnermodelle ist zu erwarten, dass nur eine geringe Anzahl von Arbeitgebern die Vorteile der reinen Beitragszusage nutzen können. In den Bereichen, wo keine entsprechenden Tarifverträge bestehen, kann weiterhin nicht auf eine einschlägige tarifvertragliche Regelung Bezug genommen werden. Damit ist vorerst der Weg versperrt, diese Form der eigentlich hoch effizienten Altersversorgung den Arbeitnehmern nicht tarifgebundener Unternehmen zugänglich zu machen.

Eine Beteiligung von nicht tarifungebundenen Unternehmen an Sozialpartnermodellen bleibt aber aus unserer Sicht wichtiger Bestandteil einer Strategie zur Verbreitung der bAV. 

Fazit

Die Möglichkeiten, die das BRSG II zur Steigerung von Effizienz, Attraktivität und der Verbreitung der bAV bietet, sind komplex und erfordern seitens der Arbeitgeber, welche die Umsetzung einer oder mehrerer der o.g. Maßnahmen erwägen, im Vorfeld eine sorgfältige Überprüfung und Abwägung.

Arbeitgeber sind aber darauf angewiesen, die sich mit dem BRSG II bietenden Möglichkeiten zu nutzen. Die vom BMAS bis 2030 vorzunehmende Untersuchung und die darauf folgende gesetzgeberische Reaktion abzuwarten, erhöht das Risiko, später in ein Obligatorium mit geringeren Gestaltungsspielräumen zu geraten.

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