Kartell-, Vergabe- und Beihilfenrecht

Ausgleich von Corona-Schäden für Flughäfen: Bundesrahmenregelung – Beihilfen für Flugplätze

Verfasst von

Kerstin Rohde

Die Flughafenbranche ist eine der am stärksten von der COVID-19 Pandemie betroffenen Wirtschaftsbereiche. Der Flugverkehr ging im April dieses Jahres um 98% zurück. Auch im Juni lag der Flugverkehr laut Flughafenverband ADV 94% unter dem des Vorjahresmonats.

Zur Gewährleistung der Mobilität, Konnektivität und des Luftverkehrs genehmigte die Kommission am 11. August die „Bundesrahmenregelung für Beihilfen für Flugplätze“ (SA. 57644). Sie sieht COVID-19-Ausgleichsmaßnahmen zur Unterstützung und Sicherung des Geschäftsbetriebs der Flughäfen vor. Der Bund rechnet mit Entschädigungszahlungen in Höhe von bis zu € 1,36 Mrd.

Adressaten

Erfasst werden von dieser Regelung Flughäfen, die öffentlichen Flugverkehr anbieten und aufgrund der COVID-19 Pandemie ihren Betrieb gänzlich einstellen oder zumindest reduzieren mussten und durch den Rückgang des Passagier- und Frachtverkehrs einen Einnahmenausfall erleiden.

Maßnahmen:

Die Bundesrahmenregelung sieht zwei Maßnahmen vor:

  • Kompensation der COVID-19-bedingten Einnahmeverluste als Schadensausgleichs nach Art. 107 Abs. 2 lit. b) AUEV oder
  • Liquiditätshilfen auf Grundlage des Temporary Framework.

Schadensausgleich

Ausgeglichen werden die unmittelbar durch den COVID-19-Ausbruch verursachten Schäden für den Zeitraum 4. März 2020 bis 30. Juni 2020 (Referenzzeitraum). Der Ausgleich erfolgt in Form eines direkten Zuschusses. Die Ausgleichshöhe beträgt 100% des tatsächlichen Schadens, wobei der ausgleichsfähige Schaden alle Einnahmenverluste aus dem Aviation- und Non-Aviation-Bereich erfasst. Die Schadensermittlung hat in Gestalt einer sog. ex-post-Berechnung zu erfolgen. Dabei sind die in dem Referenzzeitraum tatsächlich generierten Einnahmen mit den Einnahmen zu vergleichen, die man ohne die COVID-19-Eindämmungsmaßnahmen erwartet hätte (kontrafaktische Analyse). Der Vergleich erfolgt auf Grundlage des Referenzzeitraumes des Vorjahres. Bei der Berechnung der Schadenshöhe sind vermiedene oder ersparte Aufwendungen sowie auf anderweitiger Grundlage erhaltene Leistungen als schadenmindernde Faktoren zu berücksichtigen. Hierzu zählen unter anderem:

  • Energie- und Kosteneinsparungen
  • Eingesparte Personalkosten
  • Nicht entstandene Kosten z.B. für Wartungsarbeiten und Reparaturen
  • Versicherungsleistungen

In dringenden Ausnahmefällen, in denen die für die Schadensberechnung erforderlichen Unterlagen nicht bis zum 30. September (Antragsfrist) vorliegen, kann eine vorläufige Schadensermittlung in Gestalt einer Prognose erfolgen. Auch hier ist als Grundlage auf die Ergebnisse des Referenzzeitraumes des Vorjahres zurückzugreifen. Die tatsächliche Schadenshöhe ist bis zum 31. Dezember 2020 nachzuweisen. Beihilfen, die über den tatsächlichen Schaden hinausgehen, sind dann einschließlich Zinsen zurückzuzahlen.

Anträge auf Schadensausgleich sind bis zum 30. September zu stellen.

Liquiditätshilfen

Alternativ sieht die Rahmenregelung Liquiditätshilfen in Gestalt von Zuschüssen, niedrigverzinslichen Darlehen, Bürgschaften der Länder oder Steuer- und Abgabenerleichterungen vor. Mit Ausnahme der Steuer- und Abgabenerleichterung fallen diese Maßnahmen unter bereits bestehende und auf Grundlage des Temporary Frameworks genehmigte Regelungen wie die „Bundesregelung für Kleinbeihilfen 2020“, „Bundesregelung für niedrig verzinsliche Darlehen“ und die „Bundesreglung Bürgschaften 2020“. Die Beihilfehöhe ist auf EUR 800.000 für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2020 begrenzt. Die Steuer- und Abgabenerleichterungen sind vor dem 31. Dezember 2020 bis maximal 31. Dezember 2022 zu gewähren.

Kumulierung

Soweit die Liquiditätshilfen erst den Zeitraum ab dem 1. Juli 2020 betreffen, können sie neben dem Schadensausgleich gewährt werden. Für den Zeitraum ab dem 4. März 2020 bis zum 30. Juni stehen die beiden Maßnahmen indes in einem „entweder oder“-Verhältnis zu einander. Zusätzliche Liquiditätshilfen neben dem Schadensausgleich sind nur möglich, wenn der Schadensausgleich nicht den vollen Schaden aus dem Referenzzeitraum abdeckt.

Alternative Instrumente

Die Regelungen zum Schadensausgleich geben einen engen Rahmen für die Unterstützung der Flughäfen vor. Zum einen ist der Referenzzeitraum bis Ende Juni sehr eng gesetzt. Im Juni lagen die Verkehrszahlen immer noch bei rd. -94% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Erholung bis Mitte August verlief weiterhin sehr langsam. Aktuelle Prognosen zur zukünftigen Entwicklung der Verkehrszahlen gehen davon aus, dass diese erst zur Mitte des Jahrzehnts das Vorkrisenniveau wieder erreichen werden. Der COVID-bedingte Schaden für Flughäfen reicht also noch deutlich weiter als der in der Rahmenregelung vorgesehene Zeitraum.

Darüber hinaus ist die Schadensermittlung durch Vergleich des Referenzzeitraumes mit dem Vorjahr insbesondere für zahlreiche Regionalflughäfen ungünstig. In dem Zeitraum März bis Juni 2019 sanken die Verkehrszahlen hier u.a. wegen der Insolvenzen der Fluggesellschaften Germania und Small Planet. Dies führte für den Referenzzeitraum im Jahr 2019 zu nicht unerheblichen Einnahmeverlusten. Der durch die Insolvenzen bedingte Passagierrückgang belief sich an den deutschen Flughäfen mit weniger als zehn Millionen Passagieren im Jahr 2019 auf mehr als 5% gegenüber dem Vorjahr. Dadurch ist bereits die Basis für den Ausgleich von Schäden für viele Flughäfen gering.

In dieser Ausgangssituation ist der Ausgleich von COVID-Schäden allein über die dargestellten Regelungen unter Umständen nicht ausreichend. Flughäfen und ihren Gesellschaftern stehen jedoch weitere Möglichkeiten zur beihilfekonformen Ausgestaltung von Maßnahmen zum Ausgleich der COVID-Schäden zur Verfügung. Hierzu zählt der Private Investor Test („PIT“) bzw. der Market Economy Operator Test („MEOT“). Im PIT bzw. im MEOT ist aufzuzeigen, dass die Kapitalmaßnahme aus Sicht des Kapitalgebers die kaufmännisch vorteilhafteste Handlungsalternative ist. Dies ist der Fall, wenn aus Sicht der Kapitalgeber der Ausgleich der Schäden die Handlungsalternative mit den geringsten Kosten ist.

Für weitere Informationen zum PIT bzw. MEOT:
https://www.pwc.de/de/branchen-und-markte/oeffentlicher-sektor/beihilfen-und-der-market-economy-operator-test.html