6 Milliarden EUR für den ÖPNV: EU-Kommission genehmigt Beihilfenregelung für corona-geschädigte Verkehrsunternehmen
Mit Beschluss vom 07.08.2020 hat die EU-Kommission eine 6 Mrd. EUR schwere Beihilferegelung der Bundesrepublik Deutschland genehmigt, auf deren Grundlage corona-geschädigte Unternehmen des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (kurz: ÖPNV) entschädigt werden können („Bundesrahmenregelung Beihilfen für den öffentlichen Personennahverkehr“).
Hintergrund
Die zur Eindämmung des Coronavirus notwendigen Maßnahmen der Bundesregierung (Schließung von Schulen und Kindergärten, Abstandsregelungen / Begrenzung von Zusammenkünften mehrerer Personen verschiedener Haushalte etc.) haben erhebliche Auswirkungen auf die Nutzung des ÖPNV. Die betroffenen Verkehrsunternehmen verzeichneten einen Rückgang an Fahrgästen um 70 % – 90% und damit erhebliche Einbußen an Einnahmen. Gleichzeitig bestand für viele der Verkehrsunternehmen keine Möglichkeit, in angemessener Weise auf diese Situation zu reagieren und die Erlösausfälle durch Reduzierung der Taktzeiten aufzufangen oder zu minimieren, da gewährleistet werden muss, dass diejenigen Personen, die weiterhin auf den ÖPNV angewiesen sind (insb. z.B. systemrelevante Berufe), Zugang zu regelmäßig verkehrenden öffentlichen Transportmitteln haben.
Darüber hinaus entstehen den -Verkehrsunternehmen durch die Erfüllung der strengen Gesundheits- und Hygieneauflagen zusätzliche Kosten. Die EU-Kommission hat festgestellt, dass all dies bereits zu schwerwiegenden Liquiditätsproblemen der Verkehrsunternehmen geführt hat und zahlreiche dieser Unternehmen vom Markt verdrängt werden könnten.
Inhalt der genehmigten Beihilferegelung
Über die nunmehr durch die EU-Kommission genehmigte Rahmenregelung sollen die betroffenen Verkehrsunternehmen für solche Ausfälle entschädigt werden, die zwischen dem 2. März und 31. August 2020 aufgrund des Ausbruchs des Corona-Virus und den daraufhin ergriffenen Eindämmungsmaßnahmen entstanden sind. Diese Entschädigung erfolgt über direkte Zuschüsse an die Verkehrsunternehmen.
Zentrale Voraussetzung der Gewährung der Beihilfe ist die Berechnung des corona-bedingten Schadens. Da sichergestellt sein muss, dass keine Überkompensation in dem Sinne entsteht, dass ein Verkehrsunternehmen mehr als den erlittenen corona-bedingten Schaden erhält und ein darüber hinausgehender Ausgleich zurückgefordert werden muss, ist die die korrekte Berechnung des Schadens essentiell.
Zur Berechnung des Schadens enthält die Rahmenregelung genaue Vorgaben, wobei auf das Vorjahr als Referenzzeitraum Bezug genommen wird und sowohl Ausgleichsleistungen / Ausgleichszahlungen als auch Fahrgeldeinnahmen, Tarifanpassungen und erhöhte Aufwendungen im Schadenszeitraum in die Berechnung einbezogen werden. Änderungen von zentralen Parametern im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (z. B. Strom- oder Kraftstoffpreise) sind zu berücksichtigen. Zudem muss nachgewiesen werden, dass der Schaden direkt durch die COVID-19-Pandemie entstanden ist.
Inhalt der Genehmigungsentscheidung
Gemäß Art. 107 Abs. 2 lit. b) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kann die EU-Kommission Beihilferegelungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansehen und auf dieser Grundlage genehmigen, wenn diese zur Beseitigung von Schäden dienen, die durch außergewöhnlich Ereignisse entstanden sind. Wie die EU-Kommission bereits in den vergangenen Monaten in verschiedenen Entscheidungen deutlich gemacht hat, erachtet sie den Ausbruch des Coronavirus als ein außergewöhnliches Ereignis in diesem Sinne und hat die vorliegende Beihilferegelung daher auf Grundlage von Art. 107 Abs. 2 lit. b) AEUV geprüft.
Die EU-Kommission hat im Rahmen ihrer Prüfung festgestellt, dass die Beihilferegelung einen Ausgleich für unmittelbar auf den Coronavirus-Ausbruch zurückzuführende Schäden vorsieht und dieser Ausgleich aufgrund der Deckelung der Zuschüsse auf die entstandenen Schäden angemessen ist. Im Ergebnis sieht sie die Beihilferegelung daher als im Einklang mit dem EU-Beihilfenrecht stehend.
Die öffentliche Version des Beschlusses ist bislang (Stand 10.08.2020) nicht verfügbar. Nach Bereinigung aller vertraulichen Informationen kann sie unter der Nummer SA.57675 auf der Website der GD Wettbewerb der EU-Kommission abgerufen werden.
Die der Entscheidung der EU-Kommission zugrunde liegende deutsche Rahmenregelung kann bereits auf der Website des Bundesverkehrsministeriums heruntergeladen werden.