Bund strebt bundesweite Öffnung von Krankenkassen an
Der Bund möchte Krankenkassen, in die bislang nur Bürger mit Wohnsitz in einer bestimmten Region wechseln konnten, bundesweit öffnen. Darüber hinaus strebt er eine Reform des Risikostrukturausgleichs an.
Der „Entwurf eines Gesetzes für eine faire Kassenwahl in der gesetzlichen Krankenversicherung“ vom 25. März sieht vor, dass sich der Zuständigkeitsbereich von Orts-, Betriebs-, Innungs- und Ersatzkrankenkassen künftig bundesweit erstreckt. Eine Ausnahme soll nur für jene Betriebskrankenkassen gelten, die sich nicht geöffnet haben und nur für Betriebsangehörige offenstehen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) will damit die vollständige Wahlfreiheit für alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) herstellen und so für mehr Wettbewerb unter den Kassen sorgen. Die regionale Begrenzung von Kassen kann nach Einschätzung des BMG zu wirtschaftlichen Vorteilen bei einzelnen Kassen führen, da Versicherten aus Regionen mit überdurchschnittlich hohen Kassenausgaben der Beitritt zu günstigeren Kassen anderer Regionen verwehrt werde. Diese finanziellen Vorteile regional begrenzter Kassen könnten, so das BMG, regionale Marktkonzentration fördern, die wiederum den Wettbewerb weiter schwäche. Die neuen Regelungen würden auch dazu führen, dass für nahezu alle Kassen das Bundesversicherungsamt (BVA) als Aufsichtsbehörde zuständig wäre. Bislang ist das BVA nur für die bundesunmittelbaren Kassen zuständig. Dies sind Kassen, deren Zuständigkeitsbereich sich über mehr als drei Bundesländer erstreckt.
Zum Kern des Gesetzentwurfs gehört zudem eine Reform des Risikostrukturausgleichs (RSA). Der 1994 eingeführte RSA trägt dem Umstand Rechnung, dass Kassen eine ungleiche Versichertenstruktur haben. Einige Kassen haben überdurchschnittlich viel gutverdienende und gesunde Versicherte, andere versichern überdurchschnittlich viele kranke Menschen und Beitragszahler mit niedrigem Einkommen. Durch den RSA sollen die unterschiedlichen Risikostrukturen zwischen den Kassen ausgeglichen und ein auf Risikoselektion ausgerichteter Wettbewerb zulasten der Versicherten vermieden werden. Zuletzt wurde der RSA durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) modernisiert, das zum 1. Januar 2009 in Kraft trat. Im seitdem geltenden morbiditätsorientierten RSA wird neben den Merkmalen Alter, Geschlecht, Bezug einer Erwerbsminderungsrente und Anspruch auf Krankengeld auch der unterschiedlich hohe Versorgungsbedarf von Versicherten mit einer kostenintensiven chronischen oder schwerwiegenden Krankheit berücksichtigt. Das BMG will den RSA jetzt weiterentwickeln – „mit dem Ziel gleicher Wettbewerbsbedingungen und der Stärkung der Manipulationsresistenz sowie der Präventionsorientierung“. Unter anderem sollen eine Regionalkomponente, ein Krankheits-Vollmodell, ein Risikopool und die versichertenindividuelle Berücksichtigung von Arzneimittelrabatten im RSA eingeführt sowie das Kriterium der Erwerbsminderung gestrichen werden.